Rezension

Wenn die Liebe zur Literatur zwei Menschen verbindet

Love on paper - Katrin Bongard

Love on paper
von Katrin Bongard

Bewertet mit 4.5 Sternen

Inhalt

Maya arbeitet als Volontärin im Lektorat eines Verlags. Erst kürzlich hat sie ihre Mutter verloren und eigentlich keine Nerven für den oft eher stumpfsinnigen Einheitsbrei, der in ihrem Imprint verlegt wird. Doch dann bekommt sie durch Zufall ein Manuskript in die Hände, das anders ist als alles, was sie bisher gelesen hat. Der Text ist ungewöhnlich, emotional, intensiv, berührend und trifft Maya direkt ins Herz. Sie möchte die Autorin unbedingt kennenlernen, doch das erweist sich als schwieriger als gedacht.

Meinung

Bücher über Bücher reizen mich immer, weil ich es spannend finde, wie andere die Liebe zum Lesen beschreiben. Und eine Liebesgeschichte, die sich über Bücher entwickelt, klang umso reizvoller, zumal ich die Bücher von Katrin Bongard generell gerne lese. Daher freute ich mich sehr über das Angebot von Red Bug Books, "Love On Paper" testlesen zu können.

Wenn diesem Roman eines gelingt, dann ist es, die Liebe zur Literatur spürbar zu machen und einen, auch wenn man schon eine Leseratte ist, damit anzustecken. Mayas Begeisterung für Fitzgerald, ihre und Simons Gespräche über Fitzgerald und Hemingway oder die Szenen mit ihrer ehemaligen Literaturprofessorin - all diese Leidenschaft sorgte dafür, dass ich als nächstes wohl mal meine ungelesenen Fitzgerald-Romane herauskramen und mir endlich einen Hemingway zulegen muss.
Doch auch Mayas Gefühle beim Lesen des geheimnisvollen Manuskripts, das atemlose Die-Ganze-Nacht-Durchlesen, das wohl jeder Bücherwurm schon erlebt hat - man kann die Bibliophie, die Katrin Bongard selbst sicher auch kennt, förmlich spüren und sich auf diese Weise wunderbar in die Figuren hineinversetzen.

Die Annäherung von Maya und Simon ("die Autorin" des geheimnisvollen Manuskripts) ist wirklich originell, denn hier geht es nicht wie in vielen anderen New Adult-Büchern darum, dass jemand sofort durch sein Äußeres, seine Ausstrahlung fasziniert. Maya lernt Simon auf eine völlig andere, intimere Art kennen, indem sie durch sein Manuskript seine geheimsten Gedanken und schmerzhaftesten Gefühle miterlebt. Beide haben sie vor nicht allzu langer Zeit einen wichtigen Menschen verloren und sie kann ihn sehr gut verstehen, ihm das jedoch nicht mitteilen, da er von ihr ja nichts weiß. Ein Konflikt, der irgendwann unausweichlich und nicht gerade überraschend aufgelöst werden muss, und doch hat mich die zarte Geschichte von Maya und Simon faszinieren und berühren können.
Besonders die Rolle der Literatur in dieser Geschichte hat mir gefallen. Wer wünscht sich nicht, einen Menschen zu treffen, der mit einem, was die Literaturliebe angeht, auf einer Wellenlänge ist und einem neue Perspektiven eröffnen kann?

Doch auch die Nebenfiguren des Buches sind herzallerliebst und für einen so kurzen Roman erstaunlich gut ausgearbeitet. Mayas Bruder Luis habe ich mit seiner frechen und doch so verletzlichen Art am meisten ins Herz geschlossen. Auch Mayas Vater, der unter dem Tod seiner Frau ebenso leidet wie seine Kinder, aber auf andere Art damit umgeht, kam mir sehr authentisch vor und ich hatte oft Mitleid mit ihm.
Simons Familie hätte ich gerne noch näher kennengelernt, denn auf den ersten Blick kamen sie mir alle ein bisschen zu perfekt vor, um war zu sein, ebenso wie Mayas quirlige Freundin Ruby. Ihren exzentrische Kumpel Konrad und den Barkeeper/Kellner Nils fand ich ebenfalls sehr sympathisch.
Bei so vielen liebenswerten Figuren machte das Lesen einfach Spaß.

Mit dem Thema Trauer und Verlust wird in "Love On Paper" auf zwei verschiedene Arten umgegangen.
Durch Maya und ihre Familie erfahren wir, wie schwer das Leben in einer Familie ist, wenn eines ihrer Mitglieder plötzlich herausgerissen wurde. Ich selber habe so etwas zum Glück noch nicht erlebt, kann es mir durch Mayas Beschreibungen und die Szenen im Roman jetzt gut vorstellen: die Hilflosigkeit, der Wunsch, sich manchmal einfach nur vor der Welt zu verstecken und der Wunsch, trotzdem weiterzumachen, wenn nicht für einen selbst, dann wenigstens für die anderen.
Simon dagegen hat seine Trauer literarisch verarbeitet und die Ausschnitte aus seinem Buch, das Maya zu lesen bekommt, haben mich ebenfalls sehr berührt. Faszinierend fand ich vor allem, wie Katrin Bongard innerhalb eines Buches auf zwei so verschiedene Arten schreiben kann, die mich beide sehr begeistert konnten. Gäbe es "Du fehlst" als eigenes Buch - ich würde es lesen.

Gelungen fand ich auch, dass das Ende keineswegs in Kitsch ausartet sondern genauso zart und bittersüß ist wie der Rest der Geschichte.

Das einzige Manko des Romans war für mich - Und eigentlich ist das auch schon wieder ein Kompliment -, dass er für meinen Geschmack zu kurz war. Natürlich habe ich den Figuren ein Happy End gewünscht, doch ich mochte die langsame Annäherung zwischen Maya und Simon sowie Maya und ihren anderen Familienmitgliedern, die sich nach dem Tod ihrer Mutter/Frau erst wieder zusammenraufen müssen. Ich denke, ich hätte viele Entwicklungen als authentischer empfunden, wenn man sich etwas mehr Zeit dafür genommen hätte.
Was ich auch ein bisschen schade fand, war, dass sich einige Schreibfehler in das Buch eingeschlichen haben, die zwar den Lesefluuss nicht großartig störten, bei einem Buch, das vorher sicher durchs Korrektorat gegangen ist, aber nicht hätten sein müssen.

Fazit

Bei "Love On Paper" handelt es sich um eine sehr lesenswertes Buch, das sich auf einfühlsame und poetische Art mit Trauer, Verlust, Liebe und Literatur auseinandersetzt. Die Figuren sind liebenswert und es macht Spaß, ihre zarten (Wieder-)Annäherungen untereinander und die inspirierenden Gespräche über Literatur mitzuverfolgen. Ich vergebe 4,5 Sterne und empfehle das Buch all jenen, die ungewöhnliche Liebesgeschichten mögen und Literatur lieben.