Rezension

Wenn nichts mehr ist, wie es mal war...

Rattentanz - Michael Tietz

Rattentanz
von Michael Tietz

Am 23. Mai gehen plötzlich die Lichter aus, Flugzeuge fallen vom Himmel und die moderne Kommunikation via Telefon, Smartphone und Internet funktioniert nicht mehr. Durch den Zusammenbruch des weltweiten Stromnetzes bricht Chaos aus. Für die Menschen beginnt der Kampf ums überleben, während Wasser, Nahrungsmittel und Medikamente immer knapper werden.  Auch das Leben von Hans und Eva Seger verändert sich innerhalb von Sekunden. Während Hans geschäftlich in Schweden ist und Eva in der nächstgelegenen Stadt arbeitet, ist ihre Tochter ganz alleine zu Hause. Beide machen sich auf den gefahrvollen Weg nach Hause.

Ich habe das Buch durch verschiedene Rezensionen kennengelernt und der Inhalt hat mich gleich angesprochen. Die Thematik finde ich sehr interessant, zum Teil auch weil die Geschichte hier in Deutschland spielt und ich dadurch teilweise einen noch besseren Bezug zum Geschehen erhalten habe.

Michael Tietz beschreibt die Situation sehr gut und genau. Ich war stets mitten im Geschehen dabei und habe viele Szenen wie einen Film an mir vorbeiziehen gesehen. Mich hat der Schreibstil sehr an Stephen King erinnert und während des Lesens musste ich mehr als einmal an Kings Werk „Die Arena“ denken. Mir hat der Schreibstil sehr gut gefallen, was bei einem Buch mit 837 engbedruckten Seiten wichtig ist.

Neben Eva und Hans Seger tauchen im Verlaufe der Geschichte noch viele weitere Figuren auf. Der Autor hat sie sehr gut ausgearbeitet, so dass ich beispielsweise nie mit den vielen Namen durcheinander gekommen bin und alle Personen gut auseinander halten konnte. Besonders spannend war es natürlich zu beobachten, wie sich die Menschen in dieser Ausnahmesituation verhalten und entwickeln. Während einige Menschen sehr schnell sämtliches gutes Benehmen vergessen und plündern, rauben, lügen und zum Teil auch vor Mord nicht zurück schrecken, wachsen andere Personen über sich hinaus.

Die Entwicklung der Geschichte selbst ging mir an einigen Stellen zu schnell. Es bricht sehr schnell Anarchie aus und auf mich wirkte das unrealistisch. Vielleicht geht es mir jedoch auch nur deswegen so, weil ich einfach nicht glauben möchte, dass unsere Gesellschaft so schnell verfällt. Ebenso wirkten einige Szenen, wie die mit dem glücklichsten Mann der Welt, als zu übertrieben. Nervig fand ich auch Martin Kiefers Besessenheit auf seine Ex-Frau. Dies wäre fast schon eine eigene Geschichte wert gewesen, mir hat diese Geschichte jedoch zu viel Platz im Gesamtwerk eingenommen. Störend fand ich auch, dass recht schnell der Grund für den Stromausfall bekannt gegeben worden ist. Hier hätte ich eine spätere Auflösung besser gefunden, denn so hätte man einfach noch ein wenig länger rätseln können, was wohl geschehen ist.

Es werden einige interessante Fragen aufgeworfen.  Hier werden nicht nur die Figuren sondern auch die Leser zum nachdenken animiert. Es gibt eine Szene im Krankenhaus, in welcher Eva sich mit der Thematik der Sterbehilfe auseinander setzen muss. Dann gibt es wieder eine andere Szene, in welcher man nicht umhin kommt, sich mit der Todesstrafe auseinander zu setzen. Ich habe während des Lesens auch immer wieder versucht, mir die dort geschilderte Welt vorzustellen und habe überlegt, wie ich in einer solchen Welt wohl leben würde.

Fazit: 

„Rattentanz“ hat mir insgesamt sehr gut gefallen. Ich mag den Schreibstil und fand es sehr interessant, eine völlig andere Welt gezeigt zu bekommen, welche gut durchdacht ist. Einige Stellen haben sich doch in die Länge gezogen, dennoch konnte mich der Autor über 800 Seiten lang bei Laune halten und dazu motivieren, weiter zu lesen.