Rezension

Wer braucht eigentlich Paul? Ich bestimmt nicht! ... Keine Empfehlung!

Wer ist eigentlich Paul? - Anette Göttlicher

Wer ist eigentlich Paul?
von Anette Göttlicher

Bewertet mit 1 Sternen

Selten fand ich ein Buch so anstrengend, und ich hab schon viel Chick Lit mit mehr oder weniger intelligenten Protagonistinnen gelesen. Aber ungefähr bei der Mitte habe ich mind. 2x ernsthaft überlegt, das Buch wegzulegen und nie wieder in die Hand zu nehmen. (Nur das dafür bezahlte Geld hielt mich davon ab.)

Vielleicht habe ich einfach nie richtig gelebt und weiß nicht, was für ein erfülltes Leben von Nöten ist. Für Marie, die Protagonistin dieses Buches, scheint es jedenfalls aus Sex und Besaufen zu bestehen. Ok, gute Freunde und eine teure Wohnung in einer schönen Münchner Gegend sind auch noch wichtig. Und den Sex darf man nicht vergessen! Und Sex ist auch superwichtig! Und was noch?... Das Studium? Hm, nein… ich hab’s – SEX!!!

Jedenfalls kann man die Story wohl so zusammenfassen:

Marie ist 28, Studentin (schreibt Magisterarbeit), durch und durch Münchnerin, hat tolle Freunde, geht fast allabendlich einen draufmachen und hat immer genügend Geld. (Ich frage mich, ob sie keine Miete für ihre Zweizimmerwohnung in der hübschen Münchner Wohngegend zahlen muss?)

Marie sieht toll aus, kann perfekt einparken und hat einen supertollen Charakter.

Und da gibt es eben Paul. Diesen komischen, gutaussehenden Typen, in den sich Marie unsterblich verliebt hat. Gut, die ersten vier Dates sind geplatzt, weil Paul keine Zeit hatte. Irgendwann klappt es doch, Marie schwebt auf Wolke 7. Der 1. Sex lässt auch nicht lange auf sich warten. (Klar!)

Anfangs meldet sich Paul gar nicht, dann nur sporadisch. Entweder SMS mit Texten á la „Ich vermisse dich. Ich liebe dich.“, öfter aber SMS mit Texten wie „Ich will in dir sein. Ich hake gerade deinen BH auf…“ .

Nach jedem Treffen ist Marie überglücklich. Danach das große Warten. Manchmal wochenlang, manchmal sogar länger. In dieser Zeit zweifelt Marie, doch nie wird sie sich entblöden und springt immer wieder mit „Ich melde mich wieder, wenn ich geil bin“-Paul in die Kiste. Klar, der Sex ist ja auch gigantös! Und überhaupt macht es Marie überhaupt nichts aus, dass die beiden die meiste Zeit eigentlich nur in der Kiste liegen. Davon abgesehen drehen sich ihre Gedanken meist auch nur um Sex. Sie liebt Paul, das betont sie immer wieder oft und gerne. Aber jedes Mal enden ihre Gedankengänge mit dem Wunsch nach wildem, hemmungslosen Sex.

Und genau DAS ist es vor allem, was mich an diesem Buch ungemein stört. Ich bin weder verklemmt noch neidisch, aber muss man denn die Protagonistin so auf Sex fixiert sein lassen? Es nervt einfach! Der Sex mit Paul war so toll, man verbringt Abende damit, schweinische SMS zu verschicken, man möchte v. a. richtig geilen, ausschweifenden Sex haben.

Wer will dieser Frau dann noch abkaufen, dass sie sich in Wirklichkeit nach einer festen Beziehung mit Paul sehnt und ihn, den sie eigentlich nur vom Matratzensport her richtig kennt, innigst liebt? Sie weiß kaum etwas über ihn, springt auch nach distanzierten oder gar keinen SMS mit ihm auf Kommando in die Kiste (Notgeilheit ist bei ihr ja eh ein Dauerzustand.).

Meiner Meinung nach sollte jede Frau spätestens ab der Hälfte des Buches beleidigt sein, wie dumm und EXTREM inkonsequent die Protagonistin gezeichnet wird.

Dieses Buch suggeriert scheinbar jeder Frau, dass man am Ende auch noch dafür belohnt wird, wenn man sich nie entblödet und monatelang für einen Kerl die willige Matratze spielt, der nicht weiß, was er will (Oder doch?) und einen ständig in der Luft zappeln lässt. Aber ein paar Stunden Supersex (Sex ist das Wichtigste auf der Welt! Nicht dass die Message an jemandem vorbeigegangen ist!) mit Blödmann Paul sind ja auch viel mehr wert als Tage, Monate voller Tränen, Hoffen, Bangen und Warten.

Hat das Buch wirklich eine Frau geschrieben??? Ich hab mich permanent fremd-geschämt.

Einziger Pluspunkt: Es ist leicht verständlich und bei nicht allzu hohen Ansprüchen unterhaltsam. Wenn man also eh nichts Besseres zu tun und die richtig guten Bücher alle schon gelesen hat, dann ist es wahrscheinlich nicht gerade die schlechteste Lektüre.

Stellen, an denen man lachen kann, habe ich bei diesem Buch leider auch nicht gefunden. Man hat eher das Gefühl, dass die Autorin krampfhaft versucht, dem Stil von H. Fielding, I. v. Kürthy und anderer bekannter Chick Lit-Autorinnen nachzueifern.

Nach dieser Lektüre das ganz klare Fazit: Ich hab echt genug von Paul und lasse ganz bestimmt die Finger weg von den anderen Bänden rund um die notgeile Marie...