Rezension

Zwischen Fiktion und Wirklichkeit

Dieser weite Weg - Isabel Allende

Dieser weite Weg
von Isabel Allende

Wie weit ist der Weg, den wir gehen müssen, um im Leben anzukommen? Isabel Allende erzählt in "Der weite Weg" die bewegende Geschichte einer schwangeren Pianistin und eines jungen Arztes, die unversehens in die turbulenten Ereignisse des vergangenen Jahrhunderts geraten.

„Dieser weite Weg“ ist die Geschichte einer komplizierten Liebe, die viele Jahre braucht, um zu reifen. Der junge Arzt Viktor Dalmau muss im spanischen Bürgerkrieg vor den Franco-Truppen über die Pyrenäen fliehen. Als Ort des Schreckens erweist sich ein französisches Auffanglager wenige Kilometer hinter der Grenze. Er entkommt auf einem von Pablo Neruda gemieteten Frachtschiff nach Chile. Mit ihm auf der Flucht ist die junge Pianistin Roser, die schwanger ist von Viktors gefallenem Bruder.

 

In Chile versuchen die beiden zurechtzukommen, leben (pragmatisch, nicht verliebt) zusammen, doch der Militärputsch von General Pinochet zwingt sie erneut zur Flucht. Über Venezuela und nach einer kurzen Rückkehr nach Spanien kommen sie schließlich nach Chile zurück. Nun endlich haben sie nicht nur eine Heimat, sondern auch in Liebe zueinander gefunden.

 

Der Roman, übrigens Isabel Allendes 25., beruht auf eigen Erlebnissen der mittlerweile 77-Jährigen, aber vor allem auf der Realität. Vor 40 Jahren traf Allende Viktor im venezolanischen Exil, wo er ihr seine schier unglaubliche Lebensgeschichte erzählte, die sie nun aufgeschrieben hat.

 

Übrigens in feinster handwerklicher Qualität. Die Handlung entwickelt einen ungeheuren Sog. Doch dass Allende schreiben kann, hat sie ja schon vor vielen Jahren in ihrem Debütroman „Das Geisterhaus“ bewiesen.

Bei allem Drama erliegt „Der weite Weg“ nie der Gefahr, ins Sentimentale oder gar Kitschige abzurutschen. Sie schildert spannend oder anrührend, brutal oder komisch, einrucksvoll oder beängstigend, sarkastisch oder abgründig, ganz nach Erfordernis der Handlung. Dass sie ungemein geschickt reale Geschehnisse und Personen der Geschichte einbaut, lässt mehr als einmal die Grenze zwischen Fiktion und Wirklichkeit gänzlich verschwimmen.

 

Ein großartiges Buch und ein literarisches Denkmal für alle Flüchtlinge, für Tüchtigkeit, Tapferkeit und Ehrlichkeit. Und eine wunderbare Liebeserklärung an die Liebe. Mehr kann man von einem Buch eigentlich nicht erwarten!