Rezension

Zu viele Themenschwerpunkte

Die Kunst des Verschwindens -

Die Kunst des Verschwindens
von Melanie Raabe

Bewertet mit 3 Sternen

Ellen ist seit kurzem ein angesagter Star, genauer gesagt, seit sie in der Serie The Vanishing eine der großen Rollen besetzt. Sie hat keine bedeutende Technik, war nie eine der besten, hochgearbeitet, hat sie sich, von den Theaterbühnen und dann glücklicherweise Anthony getroffen. Den Regisseur, der ihr Vater sein könnte und in ihr etwas sah, das er fördern wollte. Anthony, mit dem sie mittlerweile eine enge Freundschaft verbindet, ihre einzige. Auf dem Flug New York – Berlin denkt sie an ihn, sie wird ihn gleich Morgen besuchen.

Nico wäre auch gerne Schauspielerin geworden, ist aber krachend durch die Aufnahmeprüfung gepoltert. Jetzt ist sie Fotografin, hauptsächlich Porträts, na ja und Passfotos. Sie weiß, dass sie ihrem Freund von Kurt erzählen muss, schiebt das aber seit Tagen vor sich her. Genaugenommen seit sie in der U-Bahn – Station drei Jugendliche entdeckte, die auf einen am Boden liegenden eintraten, sie schreiend auf die Gruppe zu rannte und sich einen heftigen Faustschlag über dem Auge einfing. 

Ellen hasst Hotelzimmer und so hat ihre Agentur ihr ein Penthouse in Berlin besorgt, um ihr den Aufenthalt bis zur Premiere so angenehm wie möglich zu machen. Sie huscht noch schnell runter zum Späti, sich was zu Trinken besorgen, stolpert in Nico hinein, sieht sie genauer an und fühlt eine nicht zu erklärende tiefe Verbundenheit, die sie ergründen will.

Fazit: Melanie Raabe schreibt im Präsens. Der Schreibstil liest sich flüssig und temporeich. Jedes Kapitel handelt abwechselnd von Nico oder Ellen und erzählt aus deren Sicht. Beide träumen viel von Wasser und Klippen. Die Geschichte enthält einige Fabelelemente und rätselhafte Ereignisse, die dem Ganzen eine esoterische, hellseherische Note geben. Insgesamt wimmelt die Erzählung nur so vor Themenschwerpunkten, Gewalt, Gewalt gegen Frauen, Krankheit, Verlust, Stalking, Suizid und Wal sterben. Die Hauptprotagonistin fand ich charakterlich ziemlich blass gezeichnet, kaum zu einer Gefühlsregung fähig und wenn sie doch einmal Gefühle zeigte, dann für mich unverständliche. Sie kann sich darüber aufregen, dass man Pfingstrosen die Blütenkelche zubindet, um sie am verfrühten Blühen zu hindern, als sie aber völlig umsonst nach Brügge fährt, weil jemand sie vorführt, hat sie dafür Verständnis. Die Autorin hat von Anfang an vorweggenommen, dass die Beziehung zwischen Nico und Ellen keiner erotischen Natur ist, warum überlässt sie mich als Leserin nicht meinen eigenen Gedanken und greift so korrigierend ein. Alles in allem habe ich die Geschichte mit Spannung gelesen, obwohl sie mich am Ende wegen der Übersinnlichkeit und der Vielzahl an Themen nicht überzeugt hat.