Rezension

Wie wichtig es für Frauen ist, Grenzen zu setzen (und zu wahren!)

Die schönste Version -

Die schönste Version
von Ruth-Maria Thomas

Bewertet mit 5 Sternen

In Yannick glaubte Jella, den perfekten Partner gefunden zu haben: Er war gutaussehend, gebildet und sorgte sich rührend um seinen pflegebedürftigen Großvater. Die Beziehung der beiden begann zunächst romantisch, doch schon bald steht Jella nicht nur vor den Scherben ihrer einst großen Liebe, sondern findet sich auch auf dem Polizeirevier wieder...

 

In „Die schönste Version“ erzählt Ruth-Maria Thomas die Geschichte einer Liebe, die aus den Fugen gerät. Wir lernen Jella kennen, die ihre Kindheit und Jugend in einer ostdeutschen Kleinstadt verbringt. In der Pubertät verliebt sie sich zum ersten Mal und beginnt, sich hübsch zu machen, um ihrem jeweiligen Schwarm zu gefallen. Jella hat erste Dates und sammelt Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht. Dabei lernt sie, was sie tun muss, um bei den jungen Männern gut anzukommen. Thomas zeigt hier deutlich auf, wie häufig die Protagonistin ihre eigenen Grenzen missachtet. Sie schreibt aber auch davon, wie Jellas Befinden in unserer vom Patriarchat geprägten Welt teils von ihren Verehrern ignoriert wird – eine Übergriffigkeit, die nicht nur sprachlos macht, sondern ein Gefühl der Ohnmacht hervorruft. Später lernt Jella Yannick kennen. Die Beziehung der beiden ist intensiv, beinah turbulent. Umso mehr es auf und ab geht, desto gefährlicher wird das Verhältnis zwischen den zweien. Wieder werden Grenzen überschritten, bis Jella die Reißleine zieht.

Ruth-Maria Thomas regt mit ihrem Debütroman dazu an, über ebensolche Grenzen nachzudenken: Wo verlaufen diese und was geschieht, wenn sie überschritten werden? Sie thematisiert Schuld und Unschuld, wobei ihre Geschichte keine platte Schwarz-Weiß-Malerei darstellt. Mit den facettenreichen Charakteren kommen auch alle Grauschattierungen zur Sprache. In Jella zeigt die Autorin mögliche Folgen von psychischer und physischer Gewalt auf: Nach dem Schock über das, was ihr widerfahren ist, stellt sich zunächst eine gewisse Ohnmacht ein. Jella wird von Übelkeit und Erbrechen heimgesucht und entwickelt Panikattacken. Erst sehr spät ergreift sie die Initiative und befreit sich aus der toxischen Beziehung. Thomas‘ Buch kann daher als Appell verstanden werden

- sein wahres Ich nicht zu verstecken, um anderen Menschen zu gefallen

- auf das eigene Bauchgefühl zu hören sowie Grenzen abzustecken und zu wahren

- für sich und seine Bedürfnisse einzustehen.