Rezension

Leider aus dem Leben

Die schönste Version -

Die schönste Version
von Ruth-Maria Thomas

Bewertet mit 5 Sternen

Es beginnt wie ein großer Liebesroman - Nachthimmel, Yannicks Hand in Jellas, gemeinsam am Strand liegend, geflüsterte Liebesworte. Und doch sind da Jahre später die selben Hände an Jellas Hals und die Frage lässt sich nicht weiter verdrängen, wann er angefangen hat, der Verlust. Der Verlust von ehrlicher Verbundenheit. Der Verlust der Fassung. Der Verlust von sich selbst und der Selbstbestimmung über das eigene Leben.

In ungeschönten Worten zeichnet Ruth-Maria Thomas das Bild einer Beziehung. Einer Beziehung, die toxisch wird oder es schon immer war?! Es ist ein vielschichtiges Bild von Täter und Opfer, das sich nicht auf die plakative Darstellung eines Einzelfalls beschränkt, sondern die gesellschaftlichen Strukturen aufzeigt, die nach wie vor, dazu führen, dass sich insbesondere Mädchen und Frauen in Beziehungen zu häufig klein machen, veruschen zu gefallen, vergessen wie man Nein sagt und sich zu spät als Opfer begreifen. Denn war man nicht auch selbst ein wenig Schuld an dem, was einem widerfahren ist?

"Die schönste Version" ist ein unglaublich starkes Buch - eines meiner Favoriten diesen Jahres, wenn auch ein trauriger. Ein Buch, in dem ich mich so oft wieder gefunden habe und das ich, und sicherlich viele Frauen und Mädchen auch, am Ende zuklappen musste mit dem Gedanken, dass mir das gleiche auch passieren kann. Denn häusliche Gewalt ist kein Randphänomen, sondern allgegenwärtig.