Rezension

Tiffany Weh in Höchstform

Das Mitternachtskleid - Terry Pratchett

Das Mitternachtskleid
von Terry Pratchett

Bewertet mit 4 Sternen

Tiffany Weh hat sich im Kreideland als Hexe etabliert. Doch schon lauert eine neue Gefahr, der Tückische erwacht. Er sät Unzufriedenheit und Hass in die Herzen der Menschen und da e selbst besonders Hexen hasst, hetzt er die Menschen gegen sie auf und ist ganz besonders hinter Tiffany her.

Tiffany ist ein sympathisches Mädchen, die schon einiges erlebt hat. Und Hexe zu sein ist auch kein leichter Job, es wird von ihr erwartet, zu sehen, was andere nicht sehen und dann zu handeln – und das kann dann schon mal dazu führen, dass sie Fußnägel schneiden muss. Tiffany meistert das alles gut und erwartet gar nicht mal unbedingt Dankbarkeit. Umso tragischer, als sie erkennen muss, dass sie trotz allem angefeindet und dass die Menschen schnell dabei sind zu verurteilen, wenn Sündenböcke gesucht werden. Gut, wenn man dann Freunde hat, auf die man sich verlassen kann, auch wenn die einem das Leben manchmal zusätzlich schwer machen.

Pratchett gelingt es sehr gut, dem Leser Tiffanys Leben nahezubringen, ihre Gedanken und Gefühle, ihren Stress, ihr Hingezogensein zu gewissen Personen des anderen Geschlechts (sie ist jetzt immerhin fast 16 Jahre alt!). Auch die anderen Figuren sind lebendig gezeichnet und wirken authentisch.

Pratchetts Geschichte ist dieses Mal ungewohnt düster, es geschehen Dinge wie Kindesmisshandlung und Selbstmord und Tiffany muss einigen Menschen eine Menge Schmerzen nehmen. Die Geschichte ist mit Tiffany erwachsener geworden, die Leser hoffentlich auch.

Aber Pratchett wäre nicht Pratchett, gäbe es nicht auch eine gute Prise Humor. Für den sorgen u. a. die Größten, die ich im ersten Tiffany-Band noch ziemlich nervig fand, doch mittlerweile sind sie mir sehr ans Herz gewachsen. Ein ganz besonderes Highlight war für mich jedoch Frau Prust, die in Ankh-Morpork einen Laden für Hexenzubehör und Scherzartikel führt.

Pratchett schlägt mit diesem Buch auch einen Bogen zu seinen anderen Scheibenweltbüchern. Nicht nur Oma Wetterwachs und Nanny Ogg (die man beide schon bei Tiffany treffen konnte) tauchen auf, nein, Tiffany reist sogar nach Ankh-Morpork, wo sie u. a. einigen Mitgliedern der Wache begegnet, Angua, Karotte und sogar Mumm haben ein Gastspiel. Und die Größten, die sie selbstverständlich begleiten, finden dort sogar einen Artgenossen.

Dass hier jemand anders als der gewohnte Übersetzer am Werk ist, fiel mir am Anfang nur am Rande auf. Ab der Hälfte des Romans störte es mich allerdings dann doch immer mehr, dass statt des gewohnten „Du“, das ich an der Scheibenwelt immer sehr mochte, jetzt auf einmal öfter das „Sie“ benutzt wurde. Das passt einfach nicht.

Der vierte (und womöglich letzte) Tiffany-Band lässt die junge Hexe noch einmal zur Höchstform auflaufen – und am Ende bahnt sich für Tiffany nicht nur eine Beziehung zu einem netten jungen Mann an, nein, sie trägt auch das Mitternachtskleid …

Für mich kommen die Tiffany-Bände nicht ganz an die originären Scheibenweltromane heran, ich lese sie aber auch gerne, als Pratchett-Fan kommt man eh nicht darum herum.