Rezension

Gekonnte Mischung aus Western, Mystery und Familiendrama

Devil's River - Thomas Thiemeyer

Devil's River
von Thomas Thiemeyer

Bewertet mit 4.5 Sternen

Zwei Frauen, durch die Jahrhunderte voneinander getrennt, müssen erleben, wie ihr bis dahin gekanntes Leben auseinander fällt. Nun sind sie durch die Ereignisse um sie herum gezwungen, endlich zu sich selbst zu finden.

Als ihre geliebte Großmutter stirbt, beginnt Evie allmählich, ihr derzeitiges Dasein zu hinterfragen. Will sie wirklich den Mann heiraten, mit dem sie verlobt ist, und ihm in eine andere Stadt folgen? Ihr Erbe konfrontiert sie zusätzlich mit einer Geschichte über ihre Vorfahrin, die sie nicht mehr loslässt.
Denn 1878 muss River nach ihrer Rückkehr zu ihrem Stamm erkennen, dass dieser von einer uralten Macht ausgelöscht wurde. Geplagt von Schuldgefühlen, weil sie nicht anwesend war, schwört sie Rache, weiß allerdings nicht, mit wem oder was sie da konfrontiert wird. Nur ein Mann scheint fähig und willens, ihr zu helfen. Doch er ist ein mehrfacher Frauenmörder, dem man nachsagt, der Teufel in Person zu sein.

Sofort nachdem ich den Klappentext durchhatte, wusste ich, dass ich das Buch unbedingt lesen musste. Die Mischung der Genres, die dort angedeutet wird, hat mich gleich neugierig gemacht. Und in der Hinsicht wurde ich auch absolut nicht enttäuscht.
Die Figuren haben bei mir einen leicht zwiespältigen Eindruck hinterlassen. Eve wirkte anfangs recht blass auf mich, ohne Ecken und Kanten, was vermutlich auch ihre Ziellosigkeit verdeutlichen soll. Obwohl sich das zum Ende hin etwas gibt und sie in der Hinsicht eine spürbare Entwicklung durchmacht, kommt sie nicht gegen die beiden anderen wichtigen Protagonisten an. River und vor allem Nathan sind nämlich sehr abwechslungsreiche und unglaublich interessante Charaktere voller Tiefgang, die einen immer wieder mit neuen Seiten ihrer Persönlichkeit überraschen können. Gerade der verurteilte Frauenmörder ist so plastisch und nachvollziehbar gestaltet, dass man beinahe sogar Mitgefühl mit ihm empfindet, etwas das ich zuerst gar nicht vermutet habe.
Die Nebenpersonen runden dieses Ensemble wunderbar ab, wobei mir diejenigen aus der Vergangenheit ebenfalls besser gefallen haben und lebendiger und durchdachter wirkten als die aus der Gegenwart.

Der Schreibstil hat mich positiv überrascht. Bei dem ersten Teil der Trilogie um das verbotene Eden war er meiner Meinung nach ziemlich einfach gehalten, fast etwas zu knapp. Bei Devil's River allerdings zeigt Thomas Thiemeyer, dass er auch anders kann. Er findet die richtigen Worte für jede der zwei Zeitebenen und erschafft sowohl eine authentisch wirkende Wild-West-Atmosphäre als auch eine plausible Version Londons im einundzwanzigsten Jahrhundert. Man kann sich die einzelnen Orte toll bildlich vorstellen, so anschaulich sind sie beschrieben. Gleichzeitig spielt der Autor gekonnt mit Mystery- und historischen Elementen, sodass man sich nie ganz sicher sein kann, in welchem Genre man sich genau befindet. Und das fand ich mit am spannendsten an der Geschichte: Die Frage danach, was wirklich passiert ist und wie alles zusammenhängt. Dazwischen sorgen handfeste Thrillermomente dafür, dass man unbedingt wissen muss, wie es weitergeht.
Allein die Rahmenhandlung war ein wenig schwach inszeniert, was meiner Meinung nach recht schade war. Dennoch hat mich die Story rund um River und ihre Erlebnisse zu einem erheblichen Teil dafür entschädigt.

Fazit

Devil's River von Thomas Thiemeyer ist ein sehr gelungener Genremix aus Mystery, Western und dramatischer Familiengeschichte. Die authentischen und besonders tiefgründigen Charaktere der Vergangenheit, der packende Schreibstil und die Mischung von Thriller- und Fantasyelementen haben mich schwer begeistert und regelrecht an die Seiten gefesselt.
Lediglich die ein bisschen blasse Hauptfigur und die ebenso schwache Rahmenhandlung sorgen für einen halben Stern Abzug.
Wer Bücher liebt, die sich schwer in eine Schublade stecken lassen, originelle Geschichten über alte Indianerlegenden mag und gleichzeitig auf vielschichtige Protagonisten Wert legt, dem kann ich diesen Roman nur wärmstens empfehlen!