Rezension

Absolut lesenswerter Spannungsroman aus Frankreich

Die Frau mit dem roten Schal - Michel Bussi

Die Frau mit dem roten Schal
von Michel Bussi

Bewertet mit 5 Sternen

Jamal Saloui macht Urlaub in der Normandie. Als bei seiner morgentlichen Joggingrunde eine offensichtlich verwirrte junge Frau auf den Steilfelsen trifft, spricht er sie an, kann jedoch nicht verhindern, dass sie sich vor seinen Augen in die Tiefe stürzt. Die Polizei stellt fest, dass die junge Frau zuvor in einen Kampf verwickelt war und offensichtlich auch vergewaltigt wurde.

Da niemand sonst auf den Felsen gesehen wurde fällt der Verdacht, die Frau mit Absicht in die Tiefe gestoßen zu haben, auf Jamal. Bis zur Auswertung der DNA-Spuren bleibt er auf freiem Fuß und beginnt sofort mit dem Versuch, seine Unschuld zu beweisen. Von da an erhält er mehrere mysteriöse Briefe, die sich auf einen sehr ähnlich gelagerten vor 10 Jahren beziehen. Damals kam eine junge Frau auf die selbe Weise ums Leben, die auch noch fast genau so aussah, wie die jetzt verunglückte. Gegenwart und Vergangenheit beginnen zu verschwimmen und Jamal versucht nach Kräften, hinter das Geheimnis zu kommen und seine Unschuld zu beweisen.

Der Protagonist Saloui ist in einer Hochhaussiedlung in der Banlieue von Paris aufgewachsen, trägt aus unklaren Gründen eine Beinprothese und lebt als Muslim in einem christlich geprägten Land. Das klingt auf den ersten Blick etwas klischeehaft und nicht gerade nach Erfolgsgeschichte. Saloui will aber etwas vom Leben, er trainiert für einen paralympischen Lauf, er hat einen durchaus verantwortungsvollen Job und er ist insgesamt ein Sympathieträger. Als Leser begleitet man ihn gerne und hofft, dass er irgendwie – egal ob schuldig oder unschuldig – davonkommt.

Der Einstieg in die Geschichte fällt leicht, denn direkt am Anfang passiert der Klippensturz und die Ermittlungen beginnen. Der Roman hat dann besonders im mittleren Teil einige kleine Längen und zunächst unglaubwürdig bzw. nicht nachvollziebar erscheinende Passagen. Das gehört aber alles zum Gesamtkonzept, denn im letzten Drittel werden alle losen Stränge und zunächst unlogisch erscheinenden Abschnitte klug, spannnend und sehr überraschend zusammengeführt. Die Auflösung der Geschichte und besonders das ihr zugrundeliegende Motiv fand ich sehr überzeugend und hat mir gut gefallen.

Sehr gut gebauter, durchdachter und berührender Spannungsroman, der so wohl inhaltlich als auch sprachlich überzeugt – absolute Leseempfehlung!