Rezension

absolut nahbar und toll erzählt

Am Tag des Weltuntergangs verschlang der Wolf die Sonne -

Am Tag des Weltuntergangs verschlang der Wolf die Sonne
von Sina Scherzant

Bewertet mit 5 Sternen

Zum Inhalt: Nach der Trennung ihrer Eltern ziehen Katha und ihre Schwester Nadine mit ihrer Mutter nach Dortmund. Katha versucht neben ihrer aufmüpfigen Schwester das unkomplizierte Kind zu sein, niemandem zur Last zu fallen und es allen recht zu machen. In Dortmund trifft Katha auf Angelique.

Die Geschichte wird aus der Sicht von Katha erzählt, die sich als Scheidungskind mit neuer Stadt, neuer Schule, neuen Freunden und der neuen Freundin ihres Vaters auseinandersetzen muss. Es geht viel um ihre Gefühle und Gedanken, ihre Bemühungen sich anzupassen, unsichtbar zu sein und trotzdem zugehörig zu bleiben.

Das Buch bringt die Position von Katha in ihrer Familie und der Schule, sowie die Schwierigkeiten, denen sie sich stellen muss, so zwischen den Fronten ihrer Eltern gefangen, gut rüber. Man schwankt als Leser ziemlich zwischen Faszination, Verständnis und Schock. An einer Stelle sagt die Protagonistin sehr treffend, sie blicke auf die Reste ihrer Kindheit. Und genau das trifft für mich die Essenz des Buches, das Erwachsenwerden, vor den Scherben der Kindheit stehend und der Versuch mit den neuen Problemen klarzukommen.

Ich habe das Buch als Hörbuch gehört und fand die Erzählstimme sehr passend zu den teils fast schon philosophisch tiefgründigen Gedanken von Katha. Tempo und Intonation sind sehr angenehm, sodass ich das Buch quasi in einem Rutsch gehört habe. Es ist definitiv ein Buch, das man nicht nebenbei hören kann, weil man sonst wahnsinnig viel verpasst. Der Charme des Buches liegt in der pointierten Wortwahl, den großen und kleinen Emotionsausbrüchen, den reflektierten Gedanken. Die Geschichte ist sehr bildlich erzählt, es werden detaillierte Szenen geschaffen, die den Leser in die Handlung versetzen.

Teilweise absolut unterhaltsame und gleichzeitig doch irgendwie fremdscham-belastete Szenen, wie das Aufeinandertreffen mit den Großeltern oder unbeholfen unangenehmes Gefummel, lockern die Handlung einerseits auf, verstören aber auch. Da merkt man erst, wie hart der Job als „Lebenshandwerkerin“ eigentlich ist. Katha ist in ihrer Verletzlichkeit, in ihrer Aufgewühltheit total nahbar. Wie eine Freundin, der man die Hand reichen will und ihr sagen, dass sie nicht immer stark sein muss.