Rezension

Angelica und das »verdammte Patriarchat«

Am Tag des Weltuntergangs verschlang der Wolf die Sonne -

Am Tag des Weltuntergangs verschlang der Wolf die Sonne
von Sina Scherzant

Bewertet mit 4 Sternen

Emotionale Gegensätze prägen diesen tiefgehenden Roman: Schmerz, Angst, Trauerbewältigung und Verlust gegenüber Freundschaft, Geschwisterliebe und tiefprägende Verbundenheit.

In der Funktion als Lebenshandwerkerin, auch als dritter Elternteil besonders gegenüber der jüngeren Schwester Nadine, erfährt die Hauptfigur Kathi die Belastung des Sich-Kümmerns nach der Scheidung der Eltern. Der damit verbundene Verlust des bisherigen, vertrauten Zuhauses wird beschrieben, ebenso das Teenagerleben der Damenbande im neuen Schulhof-Setting, in passender, flotter Sprechweise. Die direkten Dialoge, teils mit tief gehender Sichtweise, aber auch spätere philosophische Gedanken nicht nur über das verdammte Patriarchat wirken authentisch. Im Zentrum steht jedoch Angelica und ihr Fenster, denn dort war es für Kathi oft so, als nähme man sich frei von Sorgen und Verpflichtungen und Schrecklichkeiten, die das Leben eben auch so mit sich brachte. Diese Vertraute und quasi Ersatz-Mutter verhalf Kathi zum Mut für eine neue Persönlichkeit mit gewissen Bewältigungsstrategien, dass sie sich selbst sah. Die bildhafte Sprache setzt viele gut gewählte, verständliche Metapher ein wie z.B.: Der Wolf, der die Sonne vertilgt oder die sonnengelben Vorhänge an Angelikas Fenster. Im zweiten von drei Teilen geht es vorwiegend um die schmerzliche Trauerbewältigung und das Selbstmitleid Kathis mit 14 Jahren, die wie die Mutter im tiefen Krater mit einem großen, belastenden Felsen steckt – vielleicht etwas zu langatmig gehalten. Insgesamt ein interessant beschriebener Lebens- auch Leidensweg mit Tiefgang.