Rezension

"Alter schützt vor Liebe nicht, aber Liebe vor dem Altern." (Coco Chanel)

Der Weg ist das Glück - Judy Leigh

Der Weg ist das Glück
von Judy Leigh

Bewertet mit 4 Sternen

Die 75-jährige Evelyn Gallagher lebt seit dem Tod ihres Ehemannes in einem Dubliner Seniorenheim. Allerdings ist das Leben dort so gar nichts für sie, sie langweilt sich zu Tode und fühlt sich noch fit und unternehmenslustig genug, um dort nicht lebendig begraben zu sein. Durch einen Glücksfall kommt sie zu Geld, büxt aus dem Seniorenheim aus, kauft sich ein Wohnmobil und gönnt sich damit auf ihre alten Tage eine Reise durch Frankreich, die ihr so einiges an Abenteuer und Lebensfreude bietet. Als Evelyn bereits auf der Reise ist, hat ihr Sohn Brendan nichts anderes im Sinn, seine abhanden gekommene Mutter wiederzufinden und zurück nach Dublin zu bringen. Während Evelyn die Zeit ihres Lebens erlebt, müssen sich Brendan und seine Ehefrau auf der Reise gemeinsam einigen unschönen Wahrheiten stellen…

Judy Leigh hat mit ihrem Buch „Der Weg ist das Glück“ einen sehr unterhaltsamen Roman vorgelegt. Der Erzählstil ist locker-flüssig, bildhaft und gefühlvoll, der Leser darf sich schnell an der Seite der noch rüstigen Evelyn niederlassen und mit ihr eine aufregende Reise erleben, wobei sich ihre Lebensfreude auch auf den Leser überträgt. Zudem wird dem Leser ebenfalls Einblick in das Leben ihres Sohnes Brendan und seiner Ehefrau gewährt, was oftmals für Stirnrunzeln und ungute Gefühle sorgt. Der Autorin gelingt es, mit farbenfrohen Beschreibungen eine ungewöhnliche, aber wunderschöne Reiseroute zu vermitteln, bei dem der Leser das Gefühl hat, selbst mit im Wohnmobil zu sitzen und mit Evelyn in Frankreich Land und Leute kennenzulernen sowie das „La belle vie“ erleben zu dürfen. Das Urlaubsfeeling wird mit diesem Roman gleich mitgeliefert, so gut kann die Autorin die Stimmungen transportieren.

Die Charaktere sind sehr unterschiedlich angelegt und mit Leben versehen. Durch individuelle Ecken und Kanten wirken sie sehr realistisch und authentisch und geben dem Leser die Möglichkeit, sich mit ihnen zu identifizieren und mit ihnen zu fiebern. Eveyln ist mit ihren 75 Jahren noch recht rüstig, doch die Atmosphäre des Seniorenheims erdrückt sie. Sie hat noch Hoffnungen und Träume, ist lebenslustig und recht agil. Da hilft nur „Selbst ist die Frau“, denn schließlich ist sie noch nicht tot. Es ist erfrischend zu beobachten, wie sie ihr Leben wieder selbst in die Hand nimmt und mit jedem Tag mehr Power entwickelt als manch jüngerer Zeitgenosse. Sie besitzt Abenteuergeist, eine gesunde Neugier und ist für alles offen. Gerade das öffnet ihr Tür und Tor sowie die Herzen ihrer Mitmenschen. Brendan ist das genaue Gegenteil. Er ist ein Muttersöhnchen, unter dem seine Ehefrau zu leiden hat. Gleichzeitig wünscht man sich als Leser, dass er seine Mutter nie wiederfinden wird, um endlich ein eigenes und erfülltes Leben zu führen.

„Der Weg ist das Glück“ ist ein unterhaltsamer und spritziger Roman um eine ältere Dame, die noch lange nicht zum alten Eisen gehört. Als Leser hofft man bei der Lektüre einfach nur, sich ebenfalls diesen Mut und diese Neugier bis ins Alter bewahren zu können und immer genügend Unternehmungsgeist zu entwickeln. Schöne Lesestunden, die mit einer verdienten Leseempfehlung ausgestattet sind!