Rezension

Aus dem Dunkel ins Licht

Scherben -

Scherben
von Sophia Nestvogel

Bewertet mit 5 Sternen

„...Jeder Tag ist so schwer zu überstehen. Dabei wussten wir doch alle schon seit Jahren, was auf uns zukommt. Es hat sich immer so weit weg angefühlt, so surreal...“

 

Diese Worte stammen aus dem Tagebuch von Fiona. Die 17jährige ist in ihrer Trauer gefangen wie in einem Kokon. Sie lässt nichts und niemand an sich heran.

Die Autorin hat einen bewegenden Jugendroman geschrieben. Die Geschichte ist tiefgründig und voller Emotionen. Sie wird von Fiona erzählt.

Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Er passt zur Zielgruppe. Die Autorin versteht es, Verletzlichkeit, Wut und Trauer in die richtigen Worte zufassen. Doch es sind nicht nur die Worte, sondern auch die Taten der Protagonisten, die deren Gefühle ausdrücken.

Fionas Vater ist Pfarrer. Er redet nicht nur von der Liebe Gottes, sondern mit seiner Frau beweist er sie ebenfalls durch Taten. Dazu gehört, dass die Familie immer mal wieder Kinder und Jugendliche aufnimmt, die kurzzeitig aus ihren Umfeld genommen werden. Momentan ist der 17jährige Milan bei ihnen. Er weist nicht nur körperliche, sondern ebenfalls seelische Narben auf. Fionas erste Reaktion ist abwartend.

 

„...Egal, wie schwer es für mich war, es musste einen Grund geben, warum Milan nicht mehr bei seiner Familie war. Ich wünschte ihm wirklich, dass er in unserem Haus Frieden finden würde – aber bitte so, dass mir meiner nicht genommen würde...“

 

Doch Fiona hat nicht nur mit ihrer Trauer zu kämpfen. Sie hat den Glauben verloren. Außerdem wird sie in der Schule gemobbt. Und dann begeht Milan einen Fehler, der Fiona am Boden zerstört.

 

„...Ach, ich hätte auf mein Bauchgefühl hören sollen, anstatt einfach darauf zu vertrauen, dass alles gut gehen würde. Natürlich ging nie alles gut...“

 

Anderseits ist dieser Moment ein Wendepunkt. Plötzlich erhält Milan einen Blick für Fionas Verletzungen. Außerdem rüttelt ihn ein Gespräch mit seiner Therapeutin auf.

In entscheidenden Momenten verwendet die Autorin eine kurze und punktgenaue Sprache. Dann gibt es kein wort zu viel.

 

„….Ich hielt Milan. Er hielt mich. Ich machte ihn stark. Und er mich...“

 

Erstaunlich ist das unbedingte Vertrauen, dass die Eltern in Fiona und Milan setzen. Sie sehen, wie beide miteinander ringen, aufeinander zugehen. Sie bekommen das Auf und Ab zwischen ihnen mit. Sie begleiten sie dabei, unauffällig und leise. Gerade der Vater ist als Gesprächspartner da, wenn er angesprochen wird. Er drängt sich nicht auf.

Amely, Fionas beste und einzige Freundin, ist aktiv im Hauskreis. Sie versucht, Fiona dazu zu bewegen, sich ihnen anzuschließen. Es ist ein Jugendgottesdienst, der die Wende bringt.

 

„...Wir brauchen diese Stürme in unseren Leben. Sie lassen uns wachsen und machen uns stärker. An Gott zu glauben, wenn alles glatt läuft und dein Leben super ist, ist nicht gerade schwer, oder?...“

 

Das Besondere des Buches besteht auch darin, dass jedes Kapitel anders endet. Mal ist es ein Gebet, mal eine Therapiesituation. Es sind diese Momente, die tiefen Einblick in das Seelenleben der Menschen geben, dir sich um Fiona befinden.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es ist sicher keine leichte Kost, denn es wühlt stellenweise auf.Trotzdem ist es ein Buch voller Hoffnung.