Rezension

Ausgezeichneter zweiter Band

Die rote Frau - Alex Beer

Die rote Frau
von Alex Beer

Bewertet mit 5 Sternen

Unerlaubt, illegal,unmoralisch

„Die Reichen und Mächtigen haben es sich schon immer richten können. Das war bereits in der Monarchie so und wird in der Republik auch nicht anders werden. Von wegen schöne neue Welt.“

Inhalt

Trotz der Tatsache das es Rayonsinspektor August Emmerich nun in die Abteilung „Leib und Leben“ geschafft hat und eigentlich mit Mordfällen betraut werden müsste, hält man ihn an der kurzen Leine, denn seine zielgerichtete, ungewöhnliche Vorgehensweise ist so manchem Kollegen ein Dorn im Auge. Aus diesem Grund sieht er sich eher mit Lappalien konfrontiert, die er abarbeiten muss, um seinen erkämpften Posten zu erhalten.

Andererseits ermittelt die gesamte Abteilung an einem heiklen Mordfall, bei dem ein Gönner der Armen kaltblütig ermordet wurde. Als nun vorzeitig ein armer Obdachloser als Täter dingfest gemacht wurde, den Emmerich aus der Armenunterkunft persönlich kennt, gibt es für den Inspektor nur einen Weg: der Verurteilte ist unschuldig. Allerdings werden die Hebel, die zu dessen Freilassung notwendig wären, einfach nicht bedient. Ungeachtet der Etikette und des Dienstweges, macht sich Emmerich zusammen mit seinem Kollegen Winter auf die Suche nach dem wahren Mörder und sticht damit direkt in ein Nest aus Korruption und dunklen Machenschaften, bei dem die Reichen und Mächtigen der jungen Republik ihre Schäfchen schnell ins Trockene bringen möchten …

Meinung

Dies ist der zweite Band aus der Reihe um Inspektor August Emmerich, der es im Wien des Jahres 1920 abermals mit einem heimtückischen Verbrechen zu tun bekommt. Nachdem ist bereits nach der Lektüre des ersten Bandes absolut begeistert war, wollte ich nun unbedingt die Fortsetzung lesen und abermals freut sich mein Leserherz, ob der spannenden, unterhaltsamen Krimilektüre, die den Zeitgeist gekonnt einfängt und einen sympathischen, wenn auch äußerst sperrigen Hauptprotagonisten auf die Verbrecherwelt loslässt. Für mich ist klar, diese Reihe lese ich ambitioniert weiter, die Folgebände sind schon bestellt.

Tatsächlich gibt es zwei wesentliche Punkte, die mich hier überzeugen: zum einen ist es die Einbettung der Handlung in ein von Hunger, Armut und Korruption geprägtes Großstadtleben, welches ein stimmiges, wenn auch trauriges Hintergrundszenario bietet. Angefangen bei den Kriegsversehrten, hin zu Glücksspiel und Prostitution, über die katastrophalen Wohn- und Lebensumstände der einfachen Bevölkerung bis hin zu den Sympathisanten der Monarchie, die den verlorenen Krieg als eine Schmach empfinden und schon jetzt zu den Wegbereitern der kommenden Jahrzehnte werden. Dieser historische Aspekt ist absolut gelungen und zieht sich wie der rote Faden durch die eigentliche Kriminalhandlung.

Der zweite ausschlaggebende Punkt ist das Ermittlerduo Emmerich/Winter, die so gar nicht zu den anderen Aktenträgern passen und trotz ihrer vielen Unterschiede ein vortreffliches Team abgeben: während der junge Ferdinand, etwas naiv und sehr unbeleckt daherkommt, aber das Herz am rechten Fleck hat, agiert der ältere Emmerich absolut nach seinem Bauchgefühl und folgt seiner oftmals halsbrecherischen, dem Gesetz nur unzureichend verpflichteten Lebenseinstellung. Doch genau diese Zusammenarbeit scheint es zu brauchen, um die wirklich kniffligen Fälle zu lösen. Und so gelingt es den beiden, sich trotz aller Widerstände einen Namen zu machen, denn wer Erfolge vorweisen kann, rückt in der Hierarchie des Polizeiapparates nach oben.

Fazit

Auch Band 2 der Reihe ist mir wieder die volle Punktzahl wert und ich lese gleich weiter mit „Der dunkle Bote“. Vielleicht erfährt man nun noch etwas mehr vom aus dem Ruder gelaufenen Privatleben des Inspektors, der seine Geliebte an ihren zurückgekehrten Mann verloren hat und darunter ebenso leidet, wie unter der Tatsache, dass die Gerechtigkeit nicht siegen könnte. Von mir gibt es eine Leseempfehlung für alle, die einen spannenden Mix aus Krimi, Gesellschaftsstudie und Unterhaltungsliteratur mögen.