Rezension

Außergewöhnlich

Sara auf der Suche nach Normal -

Sara auf der Suche nach Normal
von Wesley King

Inhalt:

Sara weiß, dass sie von dem, was andere als „normal“ bezeichnen, weit entfernt ist. Die Diagnose ihres Arztes lautete auf Bipolare Störung, generalisierte Angststörung, leichte Schizophrenie und Depressionen. In der Schule wird sie nicht selten von den Mitschülern als Psycho-Sara diffamiert. Dabei möchte sie doch nichts lieber, als so zu sein, wie all die anderen um sie herum.

In der Schule bekommt Sara eine Sonderbetreuung. Dieser Unterricht, findet in der „Beklopptenbox“ statt, wie Sara den Raum nennt, in dem sie für einige Stunden separat von anderen Mitschülern unterrichtet wird. Zuhause erwarten sie keine Freunde, dafür aber ihre Eltern, die alles tun, um das Kind zu fördern, mit der Situation aber offensichtlich auch stark überfordert sind.

Sara wünscht sich nichts mehr, als Freunde zu haben und für sich eine Form der Alltagsbewältigung zu finden. Um diesem Ziel näher zu kommen, soll sie eine Gruppentherapie besuchen. Sara ist skeptisch. Wie soll es ihr gelingen, aus dem Kreis der Ausgestoßenen auszubrechen, wenn sie noch mehr Zeit mit anderen verbringen soll, die ähnliche Schwierigkeiten haben wie sie.

Saras Skepsis scheint nicht unbegründet. So trifft sie in der Gruppentherapie auf Gleichaltrige, die vor ähnlichen Problemen und Herausforderungen stehen. Doch an diesem Nachmittag findet Sara auch eine neue Freundin. Denn Erin, das Mädchen, das ständig ohne Punkt und Komma redet, das kaum noch Augenbrauen und Wimpern hat, lässt sich nicht so einfach abschrecken. Sie möchte Saras Freundin sein und hat sogar einen eigenen Begriff für die Menschen, die anders – ja besonders – sind: Sternenkinder. Und wenn Sara möchte, so darf sie sich auch so nennen. Und für Sternenkinder herrschen eigene Regeln. Eine davon ist, dass sie zusammenhalten und immer füreinander da sind.

 

Meinung:

Sara ist ein Mädchen, dessen Alltag stets zur wahnwitzigen Tour de Force abzudriften droht. Depressionen, Panikattacken und allerhand Ängste begleiten sie. Nach dem Unterricht, in dem sie von den anderen Schülern gemobbt wird, kommt sie nach Hause und sucht Schutz bei den Eltern. Diese bemühen sich nach besten Kräften der Tochter zu helfen, doch die Situation ist keine einfache und für die Ehe der Eltern eine schwere Belastung.

Nicht selten muss sich Sara von ihren Mitschülern den Begriff Psycho-Sara gefallen lassen. Oft fällt dieses Wort, wenn eines der „Spiele“ wieder losgeht. Das Risikospiel, das ist Saras Ausdruck für die schizophrenen Episoden. Oder Fehlalarm, Saras Ausdruck für die Panikattacken. Die Angst davor, dass etwas gewaltig aus dem Ruder läuft, dass jemand am Ende vielleicht sogar stirbt. Oder die Bleikugel, so nennt Sara die Momente, in denen sie sich schwer fühlt und einfach nur versucht, den Tag irgendwie hinter sich zu bringen.

Um mit den Herausforderungen des Alltags besser klarkommen zu können, führt Sara ein Spiralbuch mit über 130 Regeln darin. „Die Regeln zum Normalsein“, wie Sara sie nennt, werden von ihr ständig ergänzt. Mit ihrer Hilfe versucht sie sich an die Gesellschaft anzupassen. Das gelingt mehr schlecht als recht. Denn immer, wenn Sara eine Regel als erfüllt durchstreichen kann, so kommt ziemlich bald eine neue dazu.

Bei einem Spaziergang durch den Park trifft Sara auf einen Jungen. James spricht sie an und bezeichnet sie sogar als normal. Etwas verbindet die beiden miteinander. Vielleicht ist es die Tatsache, dass James so traurig blickt und ebenfalls Probleme zu haben scheint. Doch Sara weiß, dass sie besonders ist und dennoch schenkt ihr dieser Junge Mut, weiter dafür zu kämpfen, sich kompatibel zur Gesellschaft verhalten zu können.

Und dann gibt es da noch Erin, das Mädchen aus der Therapiegruppe, die so ganz anders ist als Sara. Erin redet ständig. Für sie ist es normal, wenn Sara, um durchzuatmen, für einige Zeit in einen anderen Raum verschwindet.

Im Nachwort erfährt der Leser, dass Wesley King selbst mit Zwangsstörungen, generalisierten Angststörung, Panikanfällen und Depressionen zu kämpfen hatte. Mit „Sara auf der Suche nach Normal“ wollte er nach „Daniel is different“ eine Geschichte schreiben, die sich mit dem Thema psychische Störungen auseinandersetzt.

Der Autor möchte mit seinem Buch den Leser auffordern, das zu verstehen und zu akzeptieren, was uns schräg und wundervoll macht. Das ist dem Autor meiner Meinung nach gelungen. Ich möchte Wesley Kings Appell an den Leser an dieser Stelle noch einmal weitergeben: Bleibt so wie ihr seid: Einzigartig, wundervoll, mit Ecken und Kanten, mutig und tapfer. Verbiegt euch nicht, nur weil andere es von euch verlangen.
 

 

Fazit:

Wesley King vereint in „Sara auf der Suche nach Normal“ eine unglaublich liebenswürdige Protagonistin mit frischen Ideen und unglaublich witzigen Einfällen.

Es ist die Geschichte eines Mädchens, dass Tag für Tag versucht, sich kompatibel zur Gesellschaft zu verhalten.

Glaubhaft und nachvollziehbar schildert der Autor das Leben von Sara, die nichts lieber möchte, als so zu sein wie all die anderen Menschen.

Menschen stylen sich, machen Diäten, werden sogar operiert – all dies, um sich zu verwandeln in die, die sie sein wollen sollen oder besser glauben, sein zu müssen. Anlass hierfür ist wohl, dass wir alle uns abmühen unsere Verortung im sozialen Raum für andere sichtbar zu verkörpern.

Als Leser hofft man schnell, dass Sara eben dies nicht so gelingt, wie sie sich das vorstellt. Denn Sara ist eine unglaublich wundervolle Figur, sie ist mutig und unglaublich stark. Sie ist ein fantastisches Mädchen mit einem großen Herzen. Für den Leser ist das Buch daher ein Reiseführer der ganz eigenen Art, bei dem er viel über sich selbst lernen kann.