Rezension

Bedrohlich, verwirrend, überraschend

Dreivierteltot -

Dreivierteltot
von Christina Stein

Bewertet mit 5 Sternen

Kim ist zusammen mit ihrem Freund Jon auf dem schottischen West Highland Way unterwegs. Der gemeinsame Urlaub kurz nach dem Abitur steht unter keinem guten Stern.

Kim, die nicht besonders sportlich ist, findet, dass der gut trainierte Jon nicht genügend Rücksicht auf  sie nimmt. Er läuft voraus und ist mürrisch. All zu oft streiten die beiden. Die Wanderer, die sie unterwegs treffen, sind in Kims Augen nervig und machen ihr mit ihrem rüpelhaften Benehmen Angst - bis auf Sky, der mit seinem Hund unterwegs ist. In Kims Augen ist er attraktiv und sympathisch , so dass sie sich gerne mit ihm unterhält, was wiederum Jon missfällt. 

Gerade als es scheint, dass Kim und Jon Frieden schließen, stolpern  sie geradezu über eine Leiche. Voller Panik informieren sie die Polizei, die aber keine Spuren entdecken  kann. Dann überschlagen sich die Ereignisse. Irgendjemand von den Leuten, die sie getroffen haben, spielt ein falsches Spiel. Ist es Sky ?

Die Handlung beginnt wie die Schilderung eines ganz normalen Urlaubs zweier jungen Leute. Es kommt zum Streit aus nichtigem Anlass und weil beide unterschiedliche Vorstellungen über ihre gemeinsame Zukunft haben.

Die Stimmung kippt langsam von angespannt in bedrohlich, als Kim Nachrichten von ihrer Freundin Emma erhält, sie selber Emma nicht erreicht. Verstärkt wird diese Empfindung durch die anderen jungen Leute, denen sie begegnen. Kim fühlt sich durch sie bedroht. Ich war mir unsicher, ob Kim einfach nur empfindlich ist oder ob ihre Ängste berechtigt sind.

Bei Jon hingegen war ich mir meiner Einschätzung sicher. Ich fand ihn unsensibel und mir war unerklärlich, warum Kim sich in ihn verliebt hatte, Nach dem Fund der Leiche erschien mir Kim zusehends als hysterisch, da sie jedem nur noch böse Absichten unterstellte . Die beiden herbei gerufenen Polizisten kommen zu dem Schluss, dass Jon und Kim unter Drogen stehen. Und wenn ich ehrlich bin,  fand ich diese Erklärung sehr plausibel. Kim befand sich vermutlich auf einem Horrortrip. War überhaupt irgendetwas von dem, was sie so in Angst und Schrecken versetzt hatte, real ? Tat ich Jon unrecht ?

 Die Autorin hat ein absolut spannendes und dabei sehr bewegendes und ungewöhnliches Buch geschrieben. Dieses wachsende  Gefühl von Bedrohung verbunden mit dem Eindruck von Unwirklichkeit hat die Erzählerin nachdrücklich vermittelt. Die Erklärung für die Ereignisse hat mich dann emotional stark mitgenommen und mich gedanklich noch eine ganze Weile beschäftigt. 

Keine leichte Lektüre, aber packend und mit dem nötigen Maß an Einfühlsamkeit und Realitätssinn und deshalb absolut lesenswert.