Rezension

Bedrückender Krimi

Gefährlicher Frühling - Sophie Sumburane

Gefährlicher Frühling
von Sophie Sumburane

Bewertet mit 5 Sternen

„...Der Mensch will Macht über den Menschen...Ist das der Grund, warum ein Mensch einen anderen erschießt, wenn der nicht tut, was er will?...“

 

Essad Alschad, diplomierter Geschichtswissenschaftler, muss nach dem Tod des Vaters die Familie ernähren. Als arbeitsloser Akademiker bleibt ihm nur der Job des Straßenhändlers. Doch selbst den darf er nur ausführen, wenn er als Polizeispitzel arbeitet. Man nimmt ihm seine Würde. Da setzt er als lebendige Fackel ein Zeichen. Damit beginnt die Demokratiebewegung in der arabischen Welt.

In Kairo wird am 6. Januar 2011 ein Mann im Polizeigefängnis zu Tode gefoltert. Einer der Täter heißt Mohamad.

In Leipzig wird die Chefin eines Ingenieurbüros erschossen. Die Ermittlung kommt in die Hände der Kommissarinnen Charlotte und Claudia. Doch Claudia wird sofort von dem Fall abgezogen. Sie ist befangen, denn der Freund der Toten war seit kurzem auch ihr Freund.

Die Autorin hat einen spannenden und verzwickten Kriminalroman geschrieben. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen. Das lag unter anderen auch an den politischen Hintergründen.

Die Geschichte wird in drei Handlungssträngen erzählt. Einer davon spielt in Ägypten, die beiden anderen in Leipzig.

Detailgenau beschreibt die Autorin die Vorgänge des ägyptischen Frühlings. Es ist beklemmend zu lesen, wie mit deutschen Waffen auf die Demokratiebewegung geschossen wurde. Noch bedrückender aber ist die Entwicklung eines jungen Ägypters, der von einem Studium als Ingenieur träumt. Das Studium wird ihm gewährt, doch der aufgeschlossene junge Mann wird innerhalb kürzester Zeit zum Folterknecht ausgebildet. Gehirnwäsche und Angst um das eigene Leben sind die Faktoren, die professionell angewandt werden. Nur in wenigen Augenblicken kommt die Erinnerung an die Vergangenheit zurück, blitzt ein Funke Menschlichkeit auf. Befehlsgewalt unterdrückt den sofort.

Auch der Leipziger Handlungsstrang hat seine düsteren Seiten. Die Tatsache, dass die Tote einen Araber vor wenigen Tagen entlassen hat, macht ihn zum Verdächtigen. Der Polizeidirektor ermittelt an der Kommissarin vorbei und informiert die Presse. Charlotte aber sieht eines der Hauptmotive im Waffenschmuggel. Als Polizeibeamtin erlaubt sie sich eigene Gedanken über deutschen Waffenhandel und das Gewissen der Politiker. Die Diskrepanz zwischen ihren persönlichen Wünschen und den Anforderungen im Beruf lässt sie öfter zur Flasche greifen.

Neben den beiden Hauptsträngen kommt an wenigen Stellen der Täter zu Wort.

Der Sprachstil des Romans unterstreicht das bedrückende Geschehen. Die innere Zerrissenheit der Protagonisten wird deutlich herausgearbeitet. Der Autorin gelingt es über lange Zeit, die wirklichen Hintergründe des Mordes zu verschleiern. Auch die Zusammenhänge mit den Ereignissen in Ägypten werden erst nach und nach klar.

Das in Rottönen gehaltene Cover mit der Hand ist auffallend für einen Kriminalroman.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Die Autorin hat es ausgezeichnet verstanden, ein Stück Weltpolitik in eine fesselnde Handlung zu verpacken. Nicht zuletzt hat sie die Frage aufgeworfen, ob ein Land, das Waffen liefert, seine Hände in Unschuld waschen kann, wenn Unmenschlichkeit die Folge davon ist.