Rezension

Beeindruckend schön, aber streckenweise wenig Spannung...

Die Liebe ist eine Insel - Claudie Gallay

Die Liebe ist eine Insel
von Claudie Gallay

Bewertet mit 3.5 Sternen

Nachdem ich den Debüt-Roman von Claudie Gallay "Die Brandungswelle" gelesen und geliebt hatte, interessierte mich nun ihr Nachfolgeroman "Die Liebe ist eine Insel". Hier dreht sich alles in und um das Festival von Avignon, welches alljährlich seit 1947 rund um den ehemaligen Papstpalast der Stadt in den letzten 3 Wochen im Juli stattfindet. Hunderte von Theateraufführungen in großen und kleinen Theatern, in Hinterhöfen und auf Straßen werden in dieser Zeit zelebriert. Aber auch Streiks der Bühnenarbeiter gehören immer wieder dazu. So auch in diesem Roman von Claudie Gallay.

Odon Schnadel, ein Besitzer eines Theaters in der Stadt mit einer kleinen Gruppe von Schauspielern verbindet eine tiefe Liebe zur Schauspielerin Mathilde, die inzwischen als "die Jogar" im Land unterwegs und berühmt geworden ist. Zum Festival kehrt sie zurück um zu spielen, in einem anderen Theater. Marie, Schwester des verstorbenen Paul Selliés, der Theaterstücke schrieb vor seinem Tod, kommt nach Avignon, um ein Stück zu sehen, welches von ihrem Bruder geschrieben wurde und "landet" so im Theater von Odon, denn dort wird dieses Stück aufgeführt. Nachdem sie ihr Anliegen vorträgt, wird sie freundlich aufgenommen für die Dauer des Festivals und darf jeder Vorstellung beiwohnen. Jedoch wird bald klar, dass es ein Geheimnis gibt um diesen Paul Selliés, um dessen Stücke. Ein Geheimnis, welches Odon und Mathilde mit sich tragen und welchem Marie auf die Spur kommt.

Claudie Gallay hat einen sehr ruhigen Roman geschaffen. Ihre Schreibweise ist sehr speziell. Da ich sie aber kannte, für mich keine Überraschung  Sie schreibt häufig sehr kurze Sätze. Teils sehr trocken und dann wieder voller Poesie. Sie vermag es erneut, Stimmungen und Personen großartig zu beschreiben. Die Situation während des Streiks, die vielen Schauspieler und Gäste in Avignon, alles wird wunderbar "wirklich".

Etwas schwer fiel es mir diesmal, mich mit den vielen Personen zurechtzufinden. Gallay erzählt Geschichten mehrerer Menschen aus dem Umfeld von Odon und Mathilde. Manches Mal fragte ich mich: wer war das jetzt noch gleich? Und nicht selten hat es meiner Meinung nach zum Verlauf der Geschichte überhaupt nicht beigetragen. Das ist ein Punkt, in dem sich dieser Roman zum Vorgänger sehr unterscheidet. Er plätschert so dahin. Die Handlung entwickelt sich extrem langsam, zum Ende hin erst fesselt der Roman tatsächlich.

Fazit: Mit "Die Liebe ist eine Insel" vermag Claudie Gallay nicht in selbiger Intensität an ihren Vorgänger anzuschließen. Obwohl wieder wunderbar, oft poetisch erzählt, zerfällt der Roman teilweise zu sehr in die verschiedenen Personenbeschreibungen und kann dadurch nur schwer eine gewisse Spannung halten. Die Trauer Maries um ihren verstorbenen Bruder wird sehr eindrucksvoll dargestellt. Hier hat mich die Autorin erneut begeistern können mit ihrer tollen Beobachtungsgabe und Wiedergabe von Stimmungen und Atmosphäre. Etwas mehr Hintergrund zu Marie hätte ich mir aber gewünscht. Alles in allem ein ruhiger, angenehm zu lesender und tiefgründiger, aber selten spannender Roman.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 15. Januar 2015 um 18:04

Diese Rezension gibt ein richtig gutes, rundes Bild ab. Und macht auf eine Autorin aufmerksam, von der ich noch niemals etwas gehört habe!

Naibenak kommentierte am 17. Januar 2015 um 18:17

Oh, lieben Dank wandagreen :-) Ja, diese Autorin mag ich sehr - etwas eigenwillig in ihrer Schreibweise, aber sehr besonders :-)