Rezension

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Brechende Herzen und tickende Uhrwerke

The Infernal Devices - Clockwork Princess - Cassandra Clare

The Infernal Devices - Clockwork Princess
von Cassandra Clare

Im letzten Teil der Trilogie um Tessa, Jem und Will ist es so weit. Die alles verändernde Schlacht gegen Mortmain und seine Klockwerk-Kreaturen. Doch welche Rolle spielt Tessa in Mortmains Kampf gegen die Schattenjäger?

Eigentlich will sie sich nur für die bevorstehende Hochzeit vorbereiten, doch natürlich kommt alles anders als man denkt. Eine neue Armee von Klockwerk-Kreaturen erhebt sich, und diese ist mächtiger als je zuvor. Tessa muss sich entscheiden: Kämpft sie an der Seite ihrer geliebten Schattenjäger, die zu ihrer neuen Familie geworden ist, oder opfert sie sich für sie?

 

Da ich mich noch durch ein anderes Buch „gequält“ habe lag Clockwork Princess knapp einen Monat zu Hause rum, bevor ich es endlich lesen konnte. Die Versuchung war groß, das andere Buch einfach zur Seite zu werfen und mit Clockwork Princess anzufangen; aber ich wusste genau, dass ich das andere Buch dann nicht mehr zu Ende lesen würde.

Was man nicht alles für seine Disziplin tut. Nun zum Buch.

Man erwartet ja sehr viel von einem Abschlussband. Dass sich alles doch noch zum Guten wendet, dass alle offen Handlungsstränge am Ende zusammenfließen, dass alle offenen Fragen beantwortet werden. Bei vielen Büchern werden diese Erwartungen sogar mit Absicht nicht erfüllt, bei Clockwork Princess ist es anders. Hier bekommt der Leser all das, wonach er lechzt. Also ich zumindest.

Das Buch beginnt mit den vorbereitungen für Tessas Hochzeit. Doch die Vorbereitungen weilen nicht lange, werden die Londoner Schattenjänger und Tessa zu einem Notfall von Gabriel Lightwood gerufen, der um die Menschligkeit seines Vaters bangt. Ohne nachzudenken, reisen sie mit Gabriel zu seinem Elternhaus, um ihm bei dem Kampf beiseite zu stehen. Der Konsul sieht dies gar nicht gern, da er um die Umstände nicht informiert wurde und Charlotte als (weibliche) Leiterin des Londoner Instituts einfach über seinen Kopf hinweg entschieden hat. Wie er im weiteren Verlauf mit ihr umspringt, lässte jedem weiblichen Leser die Haare vor Wut zu Berge stehen. Ich war richtig sauer und habe mit Charlotte mitgefühlt.

Charlotte hin oder her, wir alle wollen doch wissen, wie das Liebesdreieck Tessa-Jem-Will weitergeht. Während in Twilight sich Jacob und Edward quasi Bella prügeln, versuchen sich Jem und Will gegenseitig Tessa zuzuschieben und zu argumentieren, warum der jeweils andere besser für sie wäre. Wahre parabatai eben. Ich habe richtig mitgelitten. Mit beiden. Ihrer beider Herzschmerz, Jems Krankheit, die ihn davon abhält, der zu sein, der er für Tessa sein will. Wills Zerrissenheit, endlich den Fluch losgeworden zu sein, aber dennoch von Tessa abgewiesen zu werden, da sie schon mit Jem verlobt ist. Es hat mir das Herz gebrochen.

Meist ist es ja so, dass man sich – als weiblicher Leser – wenn es zwei potenzielle love interests gibt, sich relativ schnell für einen entscheidet und dann entweder Team ABC oder Team XYZ ist. Und genauso habe ich meine Favoriten und auch mal in anderen Büchern (zB. Selection) keine Favoriten. Bei der Infernal Devices Serie konnte ich mich aber partout nicht entscheiden. Oder vielleicht doch. Nur will ich das an dieser Stelle mal nicht verraten. Ich finde es ungemein schwer, Tessa einem von beiden zuzuordnen, wer Tessa mehr verdient hat, wer sie mehr liebt. Jeder Mensch ist anders, und so auch jeder Charakter im Buch. Keiner von beiden hat sie mehr verdient als der andere. Keiner von beiden liebt sie mehr als der andere. Jeder liebt sie auf seine Weise, der eine mehr leidenschaftlich, der andere sanfter und zurückhaltender, aber immer genau gleich.

Nun dürfen wir aber nicht vergessen, dass Jem todkrank ist. Was wird nach Jems Tod geschehen? Da Clare die Reihe so geschrieben hat, dass jeder die Perspektive zwischen den verschiedenen Charakteren wechselt, erfährt der Leser sehr gut, was in ihnen vorgeht, und muss es nicht erraten, bzw. sieht sich nicht gezwungen, es zu erraten. Vieles wiederholt sich, und manche Handlungsstränge oder Gespräche sind auch zu vorhersehbar, aber das kommt in jedem guten Buch vor. Dafür überwiegen die WTF-Momente in Clockwork Princess einfach viel zu sehr. Nicht mal in der Mortal Instruments-Reihe zusammen habe ich so oft ein lautes „Nein?!“ ausgestoßen wie bei Clockwork Princess. Na gut, vielleicht als enthüllt wurde, dass Clary und Jace nicht wirklich Geschwister sind, aber mal ehrlich: war doch irgendwie klar oder?

Die Action geht erst richtig los, als Jessamine (ja, Jessamine!) aus der Stillen Stadt entlassen und wieder nach Hause ins Institut gebracht wird. Sie wurde von Mortmains Klockwerk-Kreaturen verfolgt und stirbt kurze Zeit später an den Folgen einer Verletzung, die ihr einer dieser Monster angetan hat. Und das ausgerechnet in Wills Armen. Finde dieses Detail ein bisschen überspannt. Nun denn. In dieser Schlacht vor den Insitutsmauern, in der Jem schwer verletzt und Tessa nun endgültig gekidnappt wird, sehen wir nun, wer zum eigentlichen Held avanciert. Will. Natürlich.

Er will Tessa folgen, sie finden, und zurückbringen. Zu Jem. Aber doch am liebsten zu sich. Doch Jem liegt im Sterben und hier werden wir nun Zeuge ellenlanger Diskussionen und der Macht der Worte, denn denen mangelt im dritten Teil nicht, hat es im Gegensatz zu den beiden Vorgängern 100 Seiten mehr. Jem liegt im Sterben und schickt Will auf die Suche nach Tessa. Während seiner Suche nach ihr stirbt Jem. Will spürt dies durch die Rune, die sie beide verbindet.

Bald darauf findet er Tessa, und gegenseitig erzählen sie sich ihre Geschichte. Es kommt wie es kommen musste, sie schlafen miteinander. Und da stellt sich mir die Frage: Wieso? Wenn ich erfahren würde, dass mein Verlobter gestorben ist, heule ich doch nicht drei Stunden rum und vögle dann mit dem anderen Kerl, in den ich gleich verliebt bin. Da musste ich mich schon ein bisschen am Kopf kratzen. Auf einmal war Jem vergessen, oder was? Na ja.

Ich fand es sehr überraschend (ein weiterer WTF-Moment), wie die Situation um Jem gelöst wurde. Er, nun ein Stiller Bruder. Ja genau.

Eine Freundin hat mich vor Kurzem gefragt, für wen sich Tessa entscheiden wird, und ich habe ichr nur gesagt, dass ihr die Entscheidung quasi abgenommen wird. Jem kann nicht mehr heiraten, und nun ist da Will. Zu dem Zeitpunkt war eigentlich für mich klar, dass Will insgeheim Tessas one true ove war, auch wenn sie immer behauptet hat, dass sie Jem genauso liebe. Doch komme ich nicht umhin zu denken, dass da auch eine gehörige Portion Mitleid in ihrer Liebe mitschwang, und sie ihm sein restliches Leben so schön wie möglich machen wollte.

Nun heiraten also Will und Tessa, und ich muss sagen, dass ich dann doch mehr für Will gerootet habe als für Jem, weil Will einfach … Will ist. Will ist der Jace des 19. Jahrhunderts, nur eben anders.

Ich war also vollkommen mit dem Ende des Buches zufrieden –  auch wenn ich hier und da ein paar Abzüge geben muss (dazu gleich) – nun, wenn der Epilog nicht gewesen wäre. Obwohl ich ein Fan von Happy Ends als auch von Tragic Ends bin, finde ich den Epilog auf der Kitschskala über drei Millionen. Tessa und Jem, aka Bruder Zachariah treffen sich jedes Jahr an einem bestimmten Tag auf ihrer Brücke. Nur nicht dieses Mal. Wir schreiben das Jahr 2008, alle von damals sind tot, Tessa, wie wir wissen, unsterblich. Da taucht Jem auf, und nicht Jem in Form von Bruder Zachariah, sondern Jem. Geheilt von seiner Krankheit, nun ein ganz normaler Mensch. Und sterblich. Und dann geht das große Laber-Rhabarber los, das sich auch schon durch das ganze Buch zieht (besonders zwischen Will und Tessa) und man durch sein Weglassen bestimmt 100 Seiten gespart hätte (Stolz und Vorturteil lässt grüßen). Jem hat ein Heilmittel gefunden und ist wieder der alte. im wahrsten Sinne. Schwarze Haare und whatnot. Lange Rede kurzer Sinn, nun leben Tessa und Jem happily ever after. Bis Jem stirbt. Weil er ja sterblich ist. Jetzt kann man sich streiten, wie man das Ende findet. Innerhalb von zwölf Stunden hat sich meine Meinung dreimal geändert. Ich bin einerseits schockiert, andererseits (positiv) überrascht. Jetzt haben dennoch beide Tessa bekommen (oder andersrum? Denkt mal darüber nach) und können so ihr Leben mit ihr verbringen. Ich war schockiert, weil Tessa Will zu vergessen scheint, und dann doch noch eine Runde mit Jem dreht, sozusagen. Andererseits kann ich mir vorstellen, dass Will überglücklich für beide sein wird, da er sich nichts sehnlicher wünschen würde, als Tessa und Jem, getrennt oder zusammen, glücklich zu sehen. Nun haben also beide was davon. Für mich ein eher bittersüßes Ende, mit seinen Vorzügen und Nachteilen. Die einzige Person, die das kürzere Ende vom Streichholz gezogen hat, ist Tessa, und wird auch immer sie bleiben.

Wie Magnus einmal meinte „Die erste Liebe zu verlieren, ist die schwierigste; danach wird es einfacher.“ oder so ähnlich.

Was mich abgesehen vom Ende und dem Langziehen des Plots geärgert hat, ist die Sicht aus allerhand Charaktere. Seien wir mal ehrlich, wir wollen doch eigentlich nur wissen, wie es um Jem, Will und Tessa steht, kommen einem dabei aber immer wieder das Liebesgeplänkel der anderen Bewohner des Instituts entgegen. Ist ja schön, dass alle ihre wahre Liebe gefunden haben, aber ist das 1. unrealistisch!! und 2. neeervtötend. Hätte man auch anders verpacken können. Besonders genervt haben mich Cecily und Gabriel, was schon beim ersten Aufeinandertreffen der beiden klar wie Kloßbrühe war. Nun denn. Genug gejammert. Zum Abschluss dieser doch relativ lang geratenen Review (ich kann wohl auch sehr gut laber-rhabarbern) kann ich das Buch nur als das beste der Reihe betiteln. Ein relativ guter Abschluss, alle Wogen sind geglättet, jeder hat an etwas (oder jemandem ;)) zu knabbern.

Und ich muss sogar sagen, dass ich TID besser finde als TMI. Einfach weil die Emotionen viel greifbarer und tiefer sind und man nicht das Gefühl hat, vor einer Glaswand zu stehen und von dahinter aus zuzuschauen.