Rezension

Das Glück des Menschen in den Händen einer KI

Der Algorithmus der Menschlichkeit -

Der Algorithmus der Menschlichkeit
von Vera Buck

Bewertet mit 4 Sternen

Was in Vera Bucks Buch mit Mari, einem weiterentwickelten Fembot, zunächst nach der idealen Lösung für alle zwischenmenschlichen Beziehungslücken aussieht, stellt sich bald, mit ihrem 10-Jahres-Hersteller-Garantie-Anspruch, auch als kostengünstige Alternative für Greta Schnabels Bordellpersonalfrage heraus. Maris Hardware erleidet oft Schaden, doch sie arbeitet nach jeder Reparatur klaglos weiter, hat sie doch auch ruhigere Kunden, die nur reden, oder bei ihr liegen wollen, ja sie sogar fast wie einen Menschen behandeln.
Eines Tages gibt es einen Neuzugang im Fembotpool dieses Berliner Nachtclubs, die sehr kindlich aussehende Mim. In Mims Einführungs- und Lernzeit ist Mari an ihrer Seite und entwickelt fast so etwas wie Muttergefühle für sie. Daher ist es nicht verwunderlich, dass Mari austickt, als ausgerechnet ein brutaler Freier Mims erster Kunde sein soll.
Mari landet im Gefängnis, aber keiner weiß so richtig, wie sie mit dieser, aus dem Ruder gelaufenen KI umgehen sollen und allmählich wird deutlich, welche Probleme diese nichtmenschlichen Maschinen dem Personal, den Vorgesetzten und dem Gebäude bereiten können.

Der Beginn dieser Geschichte verspricht einen interessanten Plot mit viel Konfliktpotential, den Vera Buck mit humorvollen Details, aber auch offenen Worten zu verqueren Entwicklungen auf dem Sex- und KI-Markt auszuschmücken weiß. Mari steht im Mittelpunkt, doch mit ihren ehemaligen Kunden hat sie bald eine bunte Truppe Mitstreiter um sich, die sich für... ja, für was eigentlich, für den Bewusstseinsatheismus einsetzen? Für mehr Menschlichlichkeit und Freiheit für die Maschinen?

Mein Augenmerk verlagerte sich beim Lesen immer mehr auf die Unterschiede zwischen Mensch und KI und lange hoffte ich auf Maris Menschwerdung, doch blieb sie standhaft bei ihren logischen Schlussfolgerungen und löste letztendlich im Alleingang die verzwickte Situation auf.

Zwischendrin dürfen wir uns aber auch über allerhand menschlichem Personal amüsieren, nachdenken und hinwegsetzen. Diese Ohnesorg-Theater-Konstellation hatte aber meines Erachtens nur noch wenig mit dem eigentlichen Thema zu tun, amüsant zu lesen, aber spätestens als gleich 5 identische Mims im Netz auftauchen und der kompletten Menschheit das Glück bringen wollen, stellt sich die Frage, worin das Glück eigentlich besteht. Mit einem 30 Punkte Manifest verabschiedet Mari sich aus dieser Welt und hinterlässt leider den fahlen Beigeschmack der Belehrung und das Fazit, dass KIs doch die besseren Menschen wären.

Trotzdem ist das Buch eine amüsante Lektüre, wenn man sich auf die slapstickmäßigen Zusammenstöße von maschineller Logik und menschlichem Wankelmut konzentriert, hält es uns doch einen exzellenten Spiegel vor Augen.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 25. April 2021 um 16:17

Darf man davon ausgehen, dass du immer einen Stern mehr zückst als "wir"? Ich werde das beobachten. Aber ein Spaß wars dann doch. Ich hab auch beim Ohnesorgtheater gelacht - eine Weile.
 

Emswashed kommentierte am 25. April 2021 um 16:30

Punkt Eins: Wenn wir beim Ohnesorg Theater lachen können, sind wir alt.

Punkt Zwei: Ich habe eine Sternendruckerpresse im Keller, ich muss die Blütensterne irgendwie unauffällig unter die Leute bringen. ;)