Rezension

Das harte Leben im Hamburg der Jahrhundertwende

Elbstürme -

Elbstürme
von Miriam Georg

Bewertet mit 4.5 Sternen

Nach „Elbleuchten“ ist nun „Elbstürme“ der zweite Teil der historischen Hamburg-Saga um die gut situierte Reederstochter Lily und den Hafenarbeiter Jo.

 

Ausgangssituation in diesem zweiten Teil, der 3 Jahre nach Ende des ersten Teils spielt, ist zum einen Lilys unglückliche Ehe in England (sie hatte ihren Jugendfreund Henry geheiratet, als sie von Jo schwanger war und ist mit Henry nach England gegangen) und die Alkoholsucht von Jo, der nach Lilys Weggang mehr und mehr versucht hatte, seinen Kummer zu ertränken. Darüber hinaus ist er in krumme Geschäfte rund um den Opiumhandel verwickelt, um zusätzliches Geld zu verdienen. Mit diesem Geld hält er die Menschen, die ihm nahestehen, über Wasser.

 

Als Lilys Vater gesundheitliche Probleme hat und Lily mit ihrem Ehemann daraufhin wieder zurück nach Hamburg kommt, ist ein Treffen von Jo und Lily fast vorprogrammiert – sucht doch Lily nach wie vor die Nähe zu ihren alten Freundinnen, die als Frauenrechtlerinnen harte Kämpfe ausfechten und auch Jo mit einzubinden versuchen. Als Lily und Jo sich dann tatsächlich wieder begegnen, müssen sie sich entscheiden, ob sie erneut für ihre Liebe kämpfen wollen…

 

Auch dieser Fortsetzungsband bietet wieder eine rasante Handlung vor dem Hintergrund der Standesunterschiede in Hamburg um 1890. Gerade die Darstellung der Lebensbedingungen hat mich in dieser Saga fasziniert (und auch erschreckt). Die Autorin zeichnet ein Bild, das die Armut und die unhygienischen Bedingungen sehr deutlich zeigt und nimmt in vielen Szenen kein Blatt vor den Mund. Die Schilderungen wirken zum Teil recht hart, sind aber vor allem eines: authentisch. Ich denke, dass hier sehr realistisch wiedergegeben wird, was sich in den armen Stadtbezirken abspielte. Heutzutage können wir uns das kaum noch vorstellen, damals war es aber einfach so. Umso mehr vielleicht auch ein Anreiz, zu reflektieren, welchen Luxus wir heutzutage in unserem Leben genießen.

 

Miriam Georg schreibt federleicht und trotzdem spannend, sie versteht es, ihre Leser*innen zu fesseln und bis zur letzten Seite in Atem zu halten. Leider kann ich über das Ende kaum etwas schreiben, ohne zu spoilern, deshalb nur soviel: es hat mich absolut überrascht, und das gelingt bei mir als Vielleser historischer Familiensagas selten! Den Grund für das von ihr gewählte Ende erläutert sie im Nachwort und ich fand es beeindruckend, dass sie hier einen sehr eigenen Weg gegangen ist.

 

Nach den vielen Verwicklungen und dem umfangreichen Buch erschien mir das Ende dann aber irgendwie ein wenig schnell abgehandelt, für mein Empfinden fügte es sich – einfach vom Umfang der Beschreibungen her – nicht so ganz rund ein in das Buch. Es ging zum Schluss erst sehr hoch her und dann irgendwie ziemlich schnell. Aber das ist ein persönliches Empfinden – vielleicht hätte ich einfach noch länger an der Seite dieser vielen wunderbaren Charaktere bleiben wollen ;)

 

Ich kann diesen Roman bzw. insgesamt diese zweibändige Saga jedem empfehlen, der ein authentisches Bild vom Leben im damaligen Hamburg bekommen möchte – sowohl die Seite der gutsituierten Bürger als auch die der armen Bevölkerungsschichten wird hier mit Liebe zum Detail dargestellt. Es ist ein Porträt dieser Zeit, das man mit Spannung verfolgt und das wirklich mitreißend erzählt ist!