Rezension

Das Leben lässt sich nicht planen

Eine Therapie für Aristoteles - Melanie Sumner

Eine Therapie für Aristoteles
von Melanie Sumner

Bewertet mit 5 Sternen

INHALT
Aristoteles Thibodeau, genannt "Aris", ist 12,5 Jahre alt und versucht, den Tod ihres Vaters durch das Schreiben eines Romans in 30 Tagen zu therapieren. Doch hat sie für dieses Projekt überhaupt genug Zeit, wenn der hyperaktive Bruder Max ständig mit ihr Pokemon spielen will und Mutter Diane wieder eines ihrer Online-Dates zu Hause einlädt?

MEINUNG
Melanie Sumner hat mit „Eine Therapie für Aristoteles“ einen zugleich unterhaltsamen und ungewöhnlichen Roman im Roman geschrieben.

Hauptprotagonistin und Ich-Erzählerin Aris ist trotz ihrer Jugend ein altkluges und sehr analytisch denkendes Mädchen. Verwundert es daher, dass sie mit 12,5 Jahren bereits einen Verlobten hat? Nein, auf keinen Fall. Für zwischenmenschliche Beziehungen hat sie ein besonderes Gespür und wünscht sich „Nanny“ Penn an Mutter Dianes Seite. Ich mochte Aris‘ Charakter ab der ersten Zeile.
Mutter Diane ist eine stets überforderte Person. Mit ihrem Einkommen als Anglistikdozentin hält sie die dreiköpfige Familie mehr schlecht als recht über Wasser und nutzt ihre Freizeit gern für wechselnde Online-Dates. Dabei schwirrt der Richtige ständig um sie herum, nämlich Haushaltshilfe Penn. Da die Mutter oft nicht zu Hause ist, übernimmt Penn bzw. Aris die Erzieherrolle für Bruder Max. Letzterer lebt oft in seiner eigenen Fantasiewelt und ist ein überaus neugieriges, aber auch sensibles Kind.
Zusammenfassend könnte man sagen, bei Familie Thibodeau wird’s nie langweilig. Das Gegenteil ist der Fall, denn Kinder- und Erwachsenenwelt überschneiden sich oft.

Die Idee zum Plot und die Anlage der Figuren finde ich großartig. Melanie Sumners Roman ist anders, manchmal skurril, oft literarisch, aber immer ungemein humorvoll. D.h., Momente der Langeweile gibt es praktisch gar nicht.

Besonders haben mir die eingebauten literarischen Texte bzw. Tagebuchauszüge von Mutter Diane und deren Schüler Charles gefallen. Auch die Integration von Aris‘ Chat- und SMS-Verkehr fand ich innovativ und zeitgemäß. Diese Nachrichten zeigen, dass Aris trotz ihrer intellektuellen Reife auch ein richtiger Teenager sein kann.

Die Quintessenz des Buchs möchte ich noch einmal lobend hervorheben: Das Leben und auch das Schreiben von Romanen lässt sich nie hundertprozentig planen. Aber liegt nicht genau darin, d.h. in Veränderung und Zufall, der Zauber unseres Daseins begründet? 

FAZIT
Eine besondere Familiengeschichte über ein altkluges Mädchen mit Schriftstellerambitionen, die jeder gelesen haben sollte.