Rezension

Der Reichtum der anderen

Der Gewinner -

Der Gewinner
von Teddy Wayne

Bewertet mit 5 Sternen

Kurzmeinung: Die Mischung machts.

Pandemie. Die Superreichen haben sich auf Cape Cod zurückgezogen. Dort sind sie unter sich und tragen keine Masken, Lieferpersonal, Housekeeping, alles, was vom Festland kommt und zu Diensten ist, Party-Caterer, etc. natürlich schon. Schon daran zeigt sich, was Sache ist.
Connor O’Toole, aus kleinen Verhältnissen, bisher stolz auf seine Leistungen, mit eiserner Disziplin ein Stipendium an der New York Law School bekommen, wird ein Sommerjob als Tennistrainer auf der Halbinsel angeboten. Ein Glücksfall. Dort kann er für seine Anwaltszulassung büffeln in einer wunderschönen Umgebung, Meerblick, eigene kleine Hütte und kann sich noch Kreuzerchen mit Tennisstunden verdienen, sein zweites Standbein, Kreuzerchen, die sehr nötig sind, um sein Studiendarlehen zurückzuzahlen und da ist auch noch seine kranke Mutter und ihre Unterversorgung durch die Krankenkasse. Connor hat schon früh gelernt, Verantwortung zu übernehmen. 

Natürlich hat Connor schon vor seinem Besuch auf Cap Code gewusst, dass reiche Leute reich sind. Aber erst auf Cap Code wird ihm bewusst, was das wirklich bedeutet, zum Beispiel, dass, wenn zwei dasselbe tun, es nicht dasselbe ist, zum Beispiel, wenn ein Einbruch in eins dieser Superreichenhäuser und der Diebstahl von Diamantohrringen als Dummerjungenstreich abgetan wird, der mit einer lauen Entschuldigung und ein paar Krokodilstränen erledigt ist, wenn ihn eines dieser „Söhnchen“ begeht. Connor ist empört, weil ein und dieselbe Tat – von ihm begangen oder von seinesgleichen - ihn seine Zulassung, seinen Ruf kosten und seinen wirtschaftlichen Ruin bedeuten würde. „Ja, klar“, sagt Emily, seine neureiche Freundin, „ist doch klar, dass die Polizei das unterschiedlich beurteilt, die kennen Bobby (den Täter) seit er 10 Jahre alt ist. Er ist einer von uns, einer von Cap Code.“ Connor dreht sich der Magen um. Sozialneid und Gier und berechtigte Wut über ererbten Reichtum erfasst ihn und bringt ihn dazu, sich Schritt für Schritt von dem netten strebsamen Jungen zu entfernen, der er einmal gewesen ist. 

Der Kommentar und das Leseerlebnis: 
Als mir nach der ersten deftigen Sexszene klar wird, wo ich gelandet bin und dass ich mich lesetechnisch gesehen auf fremdem Terrain befinde, mein Daddy hätte das Genre „als Sexheftle“ bezeichnet, ist es zu spät, das Geschehen zieht mich in seinen Bann. Die wenig zurückhaltenden Sexszenen verdeutlichen zudem, dass Connor im Grunde seines Herzens ein Heuchler ist. Zeitlebens hat er mitgenommen, was er konnte und auch jetzt, setzt er sein Körperkapital im Grunde genauso rücksichtslos und ausbeuterisch ein wie die „reiche Bagage“ ihr sonstiges Kapital.
Teddy Wayne, der bereits mit einigen kleineren Literaturpreisen ausgezeichnet wurde, bietet mit seinem neuesten Roman „Der Gewinner“ einen frechen Genre Mix von erotischem Roman, Kriminalroman und gesellschaftskritischem Roman an. Opfer und Täter fallen zusammen, das ist ein reizvolles Zusammenspiel. Tatsächlich ist „Der Gewinner“ ein Roman gewesen, den ich kaum aus der Hand legen wollte, naturgemäß las er sich süffig, aber auch die Wut Connors hat mich bei der Stange gehalten. Keinesfalls kann man auch nur eine seiner Grenzüberschreitungen billigen, dennoch will man unbedingt wissen, ob er damit durchkommt.

Fazit: Dieser erotische Roman mit Krimielementen und Gesellschaftskritik versehen, ist als leichte Unterhaltung ein Sommerroman, der Spaß macht. 

Kategorie: Erotische Literatur. Sommerunterhaltung.
Verlag: Hoffmann & Campe, 2024

Kommentare

Emswashed kommentierte am 03. August 2024 um 11:54

Brisantes Thema in Erotikpapier gewickelt, geschickt, geschickt!