Rezension

Deutsche Zurückhaltung trifft portugiesisches Temperament – ein Krimi im Herzen Portugals

Südlich von Porto lauert der Tod -

Südlich von Porto lauert der Tod
von Mariana da Silva

Bewertet mit 5 Sternen

Die Deutsch-Portugiesin Ria lebt als Polizistin in Deutschland, fährt aber anlässlich des Todes ihres Großvaters zurück in die Heimat, um an dessen Beerdigung teilzunehmen. Nach Problemen im Job und einer Trennung will sie sich gleichzeitig eine Auszeit nehmen, zu sich selbst finden und von Polizeiarbeit erst einmal nichts hören und sehen. Als in einem Ferienhaus eine tote Frau gefunden wird, spricht zunächst alles für einen tragischen Unfall. Einzig deren Schwester glaubt nicht daran und macht Rias Schwager, dem örtlichen Polizisten, gehörig Druck, den Leichnam obduzieren zu lassen. Als die Leiche vor der Obduktion aus dem Bestattungsinstitut verschwindet, glaubt keiner mehr an einen Zufall. Der angereiste Kommissar aus der Stadt übernimmt die Leitung und hält Ria irrtümlicherweise für eine Kollegin, und obwohl Ria sich heraushalten wollte, ist sie bald tiefer involviert als ihr lieb ist.

Sehr unterhaltsamer Portugal-Krimi vor traumhafter Kulisse mit viel Lokalkolorit. Dank des wunderbar eingängigen Stils und der bildhaften Erzählweise der Autorin ist man sofort drin in der Geschichte und Umgebung und Menschen ziehen einen direkt in den Bann. Der Fall selbst ist durchaus spannend, zeichnet sich aber weniger durch verzwickte Winkelzüge und überraschende Wendungen aus als vielmehr durch die Interaktion der Ermittler untereinander, das Leben im Dorf und das Zurückfinden Rias in die Gemeinschaft und in den Job. Dies wird besonders betont durch das Voranstellen eines typischen portugiesischen Ausdrucks und dessen Erklärung, der sich dann auch im Kapitel selbst wiederfindet. Die Geschichte ist reichlich gespickt mit portugiesischen Wörtern, Traditionen und das, was den Portugiesen wichtig ist, nämlich Familie und Freunde und gutes Essen und Trinken. Mir persönlich hat das sehr gut gefallen und ich habe viel davon aufgesogen. Gerade in Bezug auf Ria war dies interessant, ist sie doch einigermaßen hin und her gerissen zwischen ihrem Leben in Deutschland und ihren portugiesischen Verwandten, die sie sehr vermisst.

Die Figuren sind in meinen Augen alle sehr gut herausgearbeitet und haben starke eigenständige Persönlichkeiten. Der Mikrokosmos der überschaubaren Kleinstadt, in dem sich jeder kennt und hilft, kommt liebevoll rüber und machte mir viel Spaß. Mit gefielen aber Ria, auf die sich ja erst einmal der größte Fokus richtet, und Baptista, der Ermittler aus der übergeordneten Dienststelle, am besten. Mit der besonnenen und klugen Ermittlerin und dem aufbrausenden, mit südländischem Temperament ausgestatten Baptista prallen Welten aufeinander, da knallt es ganz gewaltig, zumal beide Seiten mit ziemlichen Vorurteilen behaftet sind. Ria, gebeutelt von ihren Kollegen in Deutschland, schiebt Baptista genauso in die Schublade des Chauvis wie er die vermeintlichen Dorfpolizisten zunächst als unfähig abtut. Aber nach und nach nähern sie sich einander und erkennen auch die Fähigkeiten des anderen an. Schön finde ich auch, wie Rias Freunde und Verwandte mithelfen und zur Lösung beitragen und manch einer mit einem überraschend wachen Geist aufwartet.

Die Geschichte ist als klassische Detektivgeschichte aufgebaut, ein Whodunnit-Krimi, mit Ermittlungsarbeit und einigen Verdächtigen, die viele Geheimnisse haben. Spannung wird dadurch aufgebaut, dass hinter die Fassade geblickt wird, immer mehr Abgründe ans Tageslicht kommen und durch die Tatsache, dass Ria eigentlich gar nicht ermitteln dürfte und sie und Joao immer kurz vor dem Rausschmiss stehen. Ich fand es jedenfalls herrlich, wie Baptista jedes Mal kurz vor einem Brüllanfall steht und dann aber doch begeistert ist von den Ermittlungsergebnissen und über seinen Schatten springt. Die Auflösung des Falls ist denn auch gut nachvollziehbar und schlüssig.

Fazit: Schöner Einstieg in eine neue Reihe um eine ungewöhnliche Ermittlerin. Wer knallharte Krimis oder blutige Thriller liebt, ist hier falsch, die Geschichte lebt zum großen Teil vom Lokalkolorit, der Natur und den Menschen. Ich kann mir weitere Fälle sehr gut vorstellen und hoffe auf ein Wiedersehen mit spannenden Figuren.