Rezension

Deutschland befindet sich im Umbruch

Die Akte Vaterland - Volker Kutscher

Die Akte Vaterland
von Volker Kutscher

Bewertet mit 5 Sternen

Der Kriminalsekretär Reinhold Gräf ist mit dem Kollegen Andreas Lange, Kriminalassisten, und einer Stenotypistin unterwegs zu einem Tatort, dem Haus Vaterland. Dort sind mehrere Restaurants und Vergnügungsstätten unter einem Dach vereint. Man hat einen Toten gefunden.

Gereon Rath, der auch Nachtdienst hat, ist nicht erreichbar. Denn der holt Charlotte Ritter, sie war mehrere Monate mit ihrem Professor in Paris, vom Bahnhof ab. Fährt mit ihr in seine neue, luxoriöse Wohnung, hat alles für ein Frühstück vorbereitet - einschließlich Champagner. Im Glas für Charlotte ein Verlobungsring. Er hält um ihre Hand an. Ehe es zu einer Antwort kommt, geht wieder das Telefon und Reinhold Gräf meldet ungehalten den Mord und bittet um sein Kommen.

Der Tote ist offenbar ertrunken. Irgendwann stellt sich heraus, dass es nicht der erste Tote war und die Geschichte ihren Anfang vor vielen Jahren in Ostpreußen, genauer Masuren, nahe der polnischen Grenze begann.

Charly arbeitet jetzt auch am Alex. Erst in der Inspektion G, dort werden Frauen beschäftigt, die sich mit Mädchenbanden usw. beschäftigen. Erst die Personalenge in Gereons Gruppe bringen Gennat dazu, Charly dorthin zu versetzen bzw. auszuleihen.

Das gefällt aber einem Kollegen auf der gleichen Etage nicht, er behandelt Charly unpassend, sexistisch. Gereon übt mal wieder Rache. Diesmal hat er aber den Bogen überspannt. Gennat ist stinksauer. Und schickt ihn nach Masuren, durch den Korridor, um dort zu recherchieren.

Dort macht er sich schnell unbeliebt. Als er einen Einsiedler näher befragen will, wird er zwar in die Nähe dessen Unterkunft gebracht, aber dann sich selbst überlassen. Er verläuft sich, bekommt Fieber, wird von dem Kaubuk oder Tokala, dem einsam lebenden Mann, gefunden und gesund gepflegt. Zurück in der Zivilisation, muss er feststellen, dass man ihn in Ostpreußen nicht vermisst hatte - wohl aber in Berlin.

Charly hatte in der Zwischenzeit im Haus Vaterland als Küchenhilfe gearbeitet. Dort deckt sie einen Betrug auf.

Und ist, wie viele andere auch, anwesend, als die Reichswehr nach dem Putsch von Papens gegen die demokratische Regierung Preußens auch die Berliner Polizei entmachtet. Albert Grzesinki, der Polizeipräsident, sein Vize Dr. Bernhard Weiß und der Schupo-Kommandeur Magnus Heimannsberg lassen sich abführen. Das ist historisch belegt. Eine furchtbare Szene. Volker Kutscher lässt seinen Kommissar Böhm die Worte sagen: "Der Polizeipräsident muss nur befehlen, dann stehen mehrere Tausend Mann hinter ihm." Er hat es nicht getan.

Das Buch hat mehrere Nebenschauplätze, alle wirklich der Erwähnung wert. Aber selber lesen macht mehr Freude.

Die Figur Gereon Rath ist für mich schon seit dem Buch "Goldstein" ein Alkoholiker. Seine Alleingänge muss man nicht immer verstehen. Ich habe gelesen, dass Volker Kutscher ihn bis 1936 agieren lassen möchte. Ich freue mich auf den Fortsetzungsroman. Selten ist mir etwas so unter die Haut gegangen.