Rezension

Die Brüchigkeit der Existenz

Galveston - Nic Pizzolatto

Galveston
von Nic Pizzolatto

„Galveston“ von Nic Pizzolatto startet, wie man es von einem Roman dieses Genres erwartet. Roy Cady, Anfang vierzig, Trinker, Geldeintreiber, Schläger und Killer, erledigt für einen Mobster in New Orleans die Drecksarbeit. Die Brüchigkeit seiner Existenz zeigt sich, als er erfährt, dass er an Lungenkrebs leidet und seine Freundin mit seinem Boss rummacht. Dieser wiederum will in aus dem Weg haben und schickt Cady zu einem Auftrag, bei dem er gekillt werden soll.

Er kommt fast ungeschoren aus dieser Sache raus, hat aber ab diesem Zeitpunkt Rocky am Hals, die sich, gerade mal den Kinderschuhen entwachsen, als Prostituierte versucht und dort ihren ersten Job hat. Roy hat Mitleid mit ihr, so wie er auch mit einem geprügelten Hund Mitleid hätte – also nimmt er sie mit. Und dann geht’s los in Richtung Texas.

Dieser Zusammenschluss ist alles andere als konfliktfrei, aber funktioniert im Großen und Ganzen. Auch dann noch, als Rocky den Umweg über ihr ehemaliges Zuhause machen will, um dort ihre kleine Schwester aufzulesen, und dieses blutig endet.

Im Küstenstädtchen Galveston angekommen, mieten sich die drei Gefährten in einem heruntergekommenen Motel ein, in dem sie erstmal zur Ruhe kommen. Aber das soll nicht lange dauern, und jeder Leser weiß, dass diese Geschichte nicht gut ausgehen kann und wird.

Wie bereits in der HBO-Serie „True Detective“, für die Nic Pizzolatto das Drehbuch geschrieben hat, merkt man auch in diesem Roman, dass der Autor dann sein ganzes Können ausspielen kann, wenn es darum geht, seine brüchigen Figuren zu zeichnen, für die der amerikanische Traum ein Märchen ist. Alle träumen von einem besseren Leben, werden aber immer wieder von einer Realität eingeholt, die ihnen schmerzlich zeigt, dass all ihr Sehnen vergebens ist. Melancholie durchzieht jede Seite dieses außergewöhnlichen Romans, der von geplatzten Träumen und dem Wachsen am Scheitern erzählt.

Neu erfunden hat Pizzolatto meiner Meinung nach den Noir nicht, aber er ist auf gleicher Höhe wie die von mir sehr geschätzten Autoren Daniel Woodrell und Donald Ray Pollock.