Rezension

Die Geschichte einer Mörderin

Das Seelenhaus - Hannah Kent

Das Seelenhaus
von Hannah Kent

Bewertet mit 5 Sternen

„Agnes Magnúsdóttir war die letzte Person, die in Island hingerichtet wurde, nachdem sie aufgrund ihrer Verwicklung in die Ermordung von Natan Ketilsson und Pétur Jónsson in der Nacht vom 13. Auf den 14. März 1828 auf dem Hof von Illugastadir auf der Vatnsnes Peninsula im Norden von Island zum Tode verurteilt worden war.“

Hier wird ihre Geschichte erzählt, so plastisch, dass man höchst betroffen Seite um Seite verschlingt. Man ist in Island. Es ist ein raues, ärmliches Leben, dem die Menschen trotzen, weil sie es nicht anders kennen. 

Da es in Island zu dieser Zeit keine Gefängnisse gibt, werden Verurteilte entweder nach Dänemark geschickt, oder zur Verwahrung auf die Höfe von Dienstmännern verteilt. Jón Jónsson ist so ein Dienstmann und bekommt Agnes zugeteilt. Er und seine Familie sollen eine Mörderin beaufsichtigen, schrecklich, sie haben Angst. Aber gar so schrecklich scheint die Mörderin dann gar nicht zu sein, sie ist klug, ruhig, fleißig, hilfsbereit und verzweifelt. 

„SIE SAGEN, ICH soll sterben. Sie sagen, ich hätte Männern den Atem gestohlen und jetzt müssten sie mir den meinen stehlen. Ich stelle mir vor, wir seien flammende Kerzen, wachshell, und wir flackern in der Dunkelheit bei heulendem Wind. Und in der Stille des Raumes höre ich Schritte, schrecklich nahende Schritte; sie kommen, mich auszulöschen und mein Leben fortzublasen, in einem grauen Kranz aus Rauch.“

Nach und nach erfährt man, wie Agnes´ Leben verlaufen ist, die sich als Magd verdingt, seit ihrer Kindheit, wie sie Natan kennenlernt und was wirklich passiert ist in der Mordnacht.
Zwischendurch bekommt man authentische Gerichtsunterlagen zu diesem Fall zu lesen, die nüchtern und gnadenlos urteilen, richten und jede Eventualität regeln. Es gibt kein Entrinnen. 

„Das Seelenhaus“ erzählt eindrucksvoll eine wahre Geschichte, die Geschichte einer einfachen Frau, die als Tragödie endet. Man taucht ab in diese Zeit, erlebt Island hautnah, und liest schaudernd, wie Agnes in ihr Unglück rennt. Es ist ein beklemmendes aber höchst fesselndes Buch, ein historischer Roman der ganz anderen Art und absolut lesenswert.