Rezension

Die Mutter

Im Dienst der Hoffnung -

Im Dienst der Hoffnung
von Brigitte Liebelt

Bewertet mit 4 Sternen

Friederike Fliedner bemutterte nicht nur ihre eigenen Kinder, sondern auch unzählige junge Frauen, die in Kaiserswerth eine Diakonissenausbildung durchliefen. Besonders tragisch dabei war, dass die meisten ihrer vielen leiblichen Kinder bei der Geburt starben. Trotzdem gab sie ihre letzte Kraft, um den ihr anvertrauten Frauen eine Ersatzmutter zu sein.

Friederike war Oberin der ersten Diakonissinnenanstalt der Neuzeit. Gemeinsam mit ihrem Mann entwickelte sie Konzepte und Richtlinien der Diakonissinnenausbildung. Sie lebte im 19. Jahrhundert, einer Zeit, die sich stark von der heutigen Zeit unterscheidet. Für eine Frau war es damals sehr ungewöhnlich eine Führungsposition innezuhaben, und für die jungen Frauen, die sich bei ihr als Krankenpflegerinnen und Kleinkinderlehrerinnen ausbilden ließen, gab es kaum berufliche Alternativen.

In einer Zeit mit großen Standesunterschieden, konnten Frauen aus armen Verhältnissen als Diakonissinnen eine gute bezahlte und zu ihnen passende Arbeit bekommen. „Und jede einzelne junge Frau, die zu ihnen kam, sollte eine gründliche Ausbildung bekommen, maßgeschneidert für ihre Bedürfnisse und Fähigkeiten. … Aus Bauerntöchtern und Mägden – befehlsabhängig und kaum gebildet, weder schulisch noch charakterlich – konnten Frauen werden, die ganz auf sich gestellt und selbst weit von ihrem Mutterhaus entfernt, eine große Aufgabe übernehmen konnten.“

Dieses Buch zeichnet sehr detailgetreu Friederikes Leben nach. Von ihrer Jugend, in der sie den frühen Verlust der Mutter erleidet und anschließend Verantwortung für ihre jüngeren Geschwister übernimmt, bis hin zu ihrer Ehe mit Theodor Fliedner und ihrer Aufgaben als Diakonissenmutter. Die Detailtreue ist manchmal ein Nachteil. So erfährt der Leser beispielsweise von verschiedenen Streitigkeiten unter den Pflegerinnen, die zwar deutlich machen, wie schwer Friederikes Aufgabe war, doch in dieser Genauigkeit den heutigen Leser nicht unbedingt interessieren.

Das Besondere an diesem Buch ist, dass Friederike mit ihren Sonnen- und Schattenseiten gezeigt wird. Der Leser erfährt, dass sie auch mal gereizt und ungeduldig werden konnte, wie sie unter den langen Reisen ihres Mannes litt, und wie schwer es ihr manchmal fiel, ihren vielfältigen Rollen gerecht zu werden.

Beeindruckend ist ihre Liebe zu Jesus, ihr Wunsch ihm treu zu dienen, koste es, was es wolle. 

Jedes Kapitel beginnt mit einem Liedvers eines alten Liedes. Die Texte passen oft gut zum Gelesenen und sind teilweise sehr berührend.

Eine Stärke dieses Buchs ist die nachvollziehbare Beschreibung der damaligen Zeit. Wie damals die Pflege von Kranken aussah, wie schwierig das Reisen war, wie gefährlich Krankheiten waren, wie wenige Möglichkeiten Frauen hatten, das alles wird anschaulich geschildert und ist sehr interessant.

Die Zusammenfassung am Ende des Buchs dient als Interpretation von Friederikes Leben und ist darum eine gute Ergänzung zur Biografie.

Fazit: Eine inspirierende Lebensgeschichte, die einige Längen aufweist, und doch sehr empfehlenswert und interessant ist, vor allem für Menschen, die sich für Lebensgeschichten und für die Geschichte von christlichen Werken interessieren.