Rezension

Die passende Sprache für ein düsteres Leben

TEXT - Dmitry Glukhovsky

TEXT
von Dmitry Glukhovsky

Bewertet mit 4 Sternen

Dmitry Glukhovsky ist ein russischer Schriftsteller, der vor allem im Bereich der Science Fiction bekannt ist. Da das aber nicht mein bevorzugtes Genre ist, haben mich seine Bücher bisher nicht interessiert. Doch das änderte sich schlagartig nach dem zufälligen Lesen des Klappentextes seines aktuellen Romans.

„Text“ versprach spannend und krimiartig zu werden. Das war es. Allerdings etwas anders als erwartet.

Dmitry Glukhovskys Held, Ilja, kehrt nach sieben Jahren Lagerhaft in das Moskau von heute zurück. Er erkennt es kaum wieder, sieht an jeder Ecke Bullen, fühlt sich verfolgt. Er ist 27 Jahre alt, graugesichtig, und nicht mehr er selbst. Eines Tages ist er unschuldig  verhaftet worden, wollte eigentlich seine Freundin nur vor einen Drogenpolizisten beschützen, als dieser ihm aus verletztem Stolz ein Tütchen Kokain unterschiebt.

Wieder in Freiheit sinnt er nach Rache, vor allem als die einzige wichtige Person, die ihm noch geblieben ist, seine Mutter,  direkt am Tag der Freilassung stirbt. Er sieht keinen Sinn mehr, betrinkt sich und trifft bei einer nächtlichen Tour natürlich seinen Widersacher, ersticht diesen in blinder wodkatrunkener Wut und nimmt ihm das Handy ab.

Und mit diesem Handy kommt die Geschichte in Fahrt. Er liest Chasins Nachrichten, sieht seine Fotos an, schreibt anstelle seiner zurück. Er verstrickt sich immer mehr in Chasins Leben und beginnt sich mit ihm zu identifizieren. Er fängt an dieses Leben zu verstehen, was sonst für ihn undenkbar gewesen wäre.

Teilweise liest sich das Ganze wie ein Krimi, auch wenn es natürlich konstruiert wirkt, aber auf mich übte es einen sehr besonderen Reiz aus. Die Stimmung, die Glukhovsky mit seiner Sprache erzeugt, ist ziemlich düster und schwer, aber sie hatte trotzdem etwas überaus poetisch und kraftvolles. Sie hat mich wirklich begeistert und ich fand sie schlichtweg sehr passend. Auch wie er Moskau, die Menschen und damit stellvertretend die Strukturen in Russland darstellt, hat mir gut gefallen.

Einzig im Mittelteil gibt es eine Passage, in der der Fokus meiner Meinung nach zu sehr auf einzelne Unterhaltungen, hier natürlich Chats gelegt wird und man mußte konzentriert bei der Stange bleiben, um den Rest der Geschichte nicht zu überfliegen. Doch sieht man über die kurze Durststrecke hinweg, war das ein großartiges Buch, das mich trotz Düsterheit überzeugt hat.