Rezension

Die Stadt, die unter Vulkanasche begraben liegt

Die Wölfe von Pompeji -

Die Wölfe von Pompeji
von Elodie Harper

Bewertet mit 4 Sternen

POMPEJI

Eigentlich müsste der Titel eher 'Die Wölfinnen von Pompeji' heißen. Denn so werden sie genannt, die Liebesdienerinnen aus der Wolfshöhle, dem bekannten Stadtbordell. Dies ist die Geschichte der griechischen Sklavin Amara, die an ein Bordell verkauft wurde. Sie ist als freie Tochter eines Arztes geboren und wurde aus Armut von ihrer Mutter an einen Haushalt verkauft.

Ihre Lebensbeschreibung wirft einen weiblichen Blick auf das Geschehen im antiken Pompeji. Aus Amaras Sicht lernen wir die damalige Zeit kennen - einer brutalen Gesellschaft, in der nur wenige Begüterte glücklich leben können, in einem dekadenten Luxus, während die Mehrheit der Bevölkerung arm und verbittert dahin vegetiert. Kann die Griechin Amara ihrem Schicksal entkommen?

Diese – sehr spannend – geschriebene fiktive Geschichte spielt fünf Jahre vor dem Vulkanausbruch, der die Stadt Pompeji unsterblich machte.
Unter schlimmen Bedingungen müssen junge Frauen, als  Huren bezeichnet, erniedrigt und misshandelt, für Felix in der Wolfshöhle anschaffen. Es ist kein leichter Lesestoff. Denn es gilt das Überleben des Stärkeren...Doch zeitgenössische Menschen wie Plinius der Ältere spielen eine Rolle, Original Graffiti aus Pompeji werden zitiert und es spielen sich wilde Tatsachen an damals vorhandenen und nun unter der Vulkanasche erstarrten Orten ab.

Jede:r, der/die in Pompeji war, wurde dort darüber informiert, dass es Prostituierte in Pompeji gab. Doch, so wie die Autorin in ihrem Roman schreibt, ist es eine übersexualisierte Stadt der Gewalt. An den Häusern wurden Penisse angemalt. Es hört sich so an, als ob es eine freiere Gesellschaft gewesen wäre. Doch jede:r weiß, dass es eine Sklavengesellschaft war mit steilen Hierarchien. Frauen waren bedeutungslos, Sklaven waren bedeutungslos. Weibliche Sklaven waren das Letzte, dienten nur der Lusterfüllung. Die Wölfinnen müssen Männer aufreißen, 'fischen gehen', wie das genannt wurde, Kunden gewinnen... bekommen kein Essen, sind Eigentum, werden geschlagen und so gut wie nicht beschützt. Sind sie schwanger, dann nimmt man ihnen die Kinder weg und verkauft diese.

Wer sich mit den Hunden hinlegt, wird mit Flöhen aufwachen, Seneca. So lautet eine der Zwischenüberschriften.
Dieses Buch sollte allen Frauen dieser Welt gewidmet sein, nicht nur den beiden feministischen Autorinnen (im Klappentext erwähnt).

Auch ich war in Pompeji, habe die Zeichnungen gesehen und den Penis, der den Weg zum Bordell zeigt… Was hat sich seit dieser Zeit für Frauen weltweit verändert? Immer noch, auch bei uns in Deutschland, werden tagtäglich Frauen ermordet und vergewaltigt, nur aufgrund dessen, weil sie weiblich sind… Immer noch sind Frauen die 'Letzte Kolonie' dieses Planeten. Auch heute noch gibt es Sklavenhaltergesellschaften (Sudan, z.B.), wo Frauen ihren Familien entrissen werden...Man mag sich an die tapferen Frauen in Iran erinnern… und an viele anderen, die tagtäglich um Überleben kämpfen…