Rezension

Spannende Charakterbeziehungen

Die Wölfe von Pompeji -

Die Wölfe von Pompeji
von Elodie Harper

Bewertet mit 4 Sternen

Ein spannender Roman über eine Sklavin und Prostituierte im alten Rom, der vor allem durch gut geschrieben Charaktere und deren Beziehungen besticht.

Inhalt:
Amara ist eine Sklavin, die von ihrem Herren gezwungen wird in seinem Bordell zu arbeiten. Sie hat jedoch ein klares Ziel: Sie will ihre Freiheit zurück. Um das zu erreichen versucht sie Geld zu verdienen und einen Freier zu finden, der sie freikauft. Auf ihrem Weg trifft sie auf viele verschiedene Menschen: andere Prostituierte, Sklaven, Freier und viele mehr. 

Meine Meinung zur Story:
Ich habe die Geschichte in drei Tagen durchgelesen. Sie hat mich in ihren Bann gezogen. Die Geschichte beginnt, wenn Amara bereits im Bordell ist und sich dort eingelebt hat. Das heißt, dass der Klappentext von der Handlung nichts vorwegnimmt, sondern nur die Hintergrundgeschichte erzählt. Es gibt auch so gut wie gar keine emotionalen Rückblenden, sondern nur kurze Informationen, was der Leser wissen muss. Das hat Vor- und Nachteile. Gut daran ist, dass das Buch nicht allzu brutal und deprimierend ist, da man zwar weiß, dass Amara Furchtbares erlebt hat, es aber nicht emotional mit ihr miterlebt. Trotz ihrer schmerzhaften Vergangenheit und ihrer Arbeit im Bordell, handelt das Buch eher von einem Freiheitskampf und Amaras Schritten bei ihrer Suche nach Freiheit. Daher kann ich das Buch ruhigen Gewissens jedem empfehlen. Andererseits kann man aber auch nicht wirklich mit Amara mitfühlen. Ich habe logisch verstanden, warum sie beispielsweise wütend, aber es nie mit ihr mitgefühlt. Das Buch hätte das Potenzial gehabt, sehr emotional und sehr tiefgehend zu sein. Ich finde schade, dass die Chance nicht genutzt wurde, denke aber, dass es so für eine breitere Leserschaft geeignet ist. Der Plot funktioniert auch so sehr gut. Er baut sich Stück für Stück auf und es gibt viele gute Szenen, die alle schön miteinander verknüpft sind.

Der historische Hintergrund:
Das Buch spielt im alten Rom, genauer gesagt in Pompeji. In Pompeji steht bis heute ein recht gut erhaltenes Bordell, das man besichtigen kann. Ich denke, dass viele Informationen, die durch dieses Bordell gewonnen worden sind, in das Buch eingeflossen sind. Generell finde ich das Gesellschaftssystem des römischen Reichs interessant und denke, dass gerade die Sklaverei sich gut für einen Roman eignet. Es ist interessant, wie unterschiedlich der Lebensstandard von Sklaven sein konnte - und wie man überhaupt in die Sklaverei geriet. Insgesamt ein spannendes und außergewöhnliches Setting. Ich hätte mir lediglich gewünscht, dass die Autorin tiefer darin eingetaucht wäre und mehr erklärt und beschrieben hätte, was dem modernen Leser fremd ist. Beispielsweise trifft Amara recht weit am Anfang auf einen Sklaven, den sie nicht kennt. Sie weiß aber sofort, dass er ein Sklave ist. Nur erfährt der Leser nicht, woran sie das erkannt hat.

Charaktere:
Die Charaktere sind meiner Meinung nach die große Stärke des Buches und der Grund, warum ich das Buch liebe. Amara lebt am Anfang mit vier weiteren Sklavinnen im Bordell, die alle einen einzigartigen und leicht widererkennbaren Charakter habe. Im Verlauf der Geschichte lernt Amara viele Menschen kennen. Oftmals trifft sie diese Personen nur sehr selten, dennoch schafft es die Autorin immer mit wenigen Worten alle Personen einzigartig zu machen. Und vor allem setzt sie jede Person in Beziehung mit Amara. Da ist mit manchen Sklaven ein tiefes, wortloses Verständnis - einfach nur weil beide Wissen wie es ist ein Sklave zu sein. Amaras Gefühle gegenüber allen Personen lässt die Autorin ihre Leser spüren. Insbesondere Amaras Status und die Machtverhältnisse spielen dabei immer wieder eine Rolle. Es gibt viele subtile Andeutungen und viele klare Szenen. Ich habe mir bezüglich der Beziehungen der Charaktere viele Stellen im Buch angestrichen, um sie mir zu merken.

Schreibstil:
Der Schreibstil ist teilweise wirklich toll. An manchen Stellen hakt er jedoch. Ein Problem ist, dass in einigen Sätzen, die Bezüge oder die Wortbedeutungen etwas verrückt zu sein scheinen. Ich bin mir nicht sicher, ob das am Schreibstil oder an der Übersetzung liegt. Ein andere Problem beim Schreibstil ist, dass es keinerlei Sex- / Missbrauchsszenen gibt, obwohl Amara sehr, sehr viel Missbrauch und Zwangsprostitution erlebet. Der letzte Satz ist immer kurz vor den sexuellen Handlungen und dann geht es nahtlos danach weiter. Das hat den Vorteil, dass das Buch leicht zu lesen ist und den Leser nicht allzu traurig macht. Andererseits wahrt man dadurch aber auch immer eine gewisse Distanz zu Amara und kann nicht zu 100 Prozent mit ihr mitfühlen. Außerdem sind diese Übergänge (von vor dem bis nach dem Sex) nicht immer gut gemacht. Teilweise ist es etwas verwirrend, warum sie auf eine bestimmte Weise reagiert oder wie sie in eine bestimmte Position gekommen ist. Allerdings kommen diese Probleme nicht allzu häufig vor, sodass sich das Buch dennoch flüssig lesen lässt.

Empfehlung:
Ich empfehle Dir das Buch, wenn Du gut geschriebene Charaktere magst und dich für ihre Beziehungen interessierst. Auch wenn Du Geschichten aus dem alten Rom magst, wird Dir das Buch sicherlich gut gefallen.