Rezension

Die traurige Geschichte von Johnsey Cunliffe

Die Sache mit dem Dezember - Donal Ryan

Die Sache mit dem Dezember
von Donal Ryan

Johnsey Cunliffe ist anders als die anderen Jugendlichen in der irischen Kleinstadt. Er ist dicklich, schweigsam, langsam, auch im Denken. 
Als Johnsey noch klein war, lebte er ziemlich glücklich mit seinen Eltern auf der Farm. Die Jungen des Ortes spielten noch mit ihm, alles war gut.
Doch dann beging sein Vater Selbstmord, setzte sich einfach in die kalte Nacht und erfror, und auch wenn die patente Mutter versuchte, das Leben so gut wie möglich zu managen, im Dorf begann das Gerede. Dann kam die gnadenlose Zeit der Heranwachsenden, Johnsey wurde zum Außenseiter, verspottet, gequält, verachtet. Auch Johnsey selbst mag sich nicht. Sieht in sich nur den dicken Hornochsen, der zu nichts wirklich taugt. Als auch noch seine Mutter stirbt, erscheint der Selbstmord in der Scheune eine mögliche Alternative. Dabei sieht er seine Lage ganz lakonisch, Selbstmitleid oder Jammern ist seine Sache nicht. Er nimmt die Dinge hin wie sie sind, verkriecht sich vielleicht noch ein wenig mehr. Zum Glück muss er von dem Handlangerjob im örtlichen Lebensmittelladen nicht leben, kann er doch von den Pachteinkünften, die ihm seine Eltern hinterlassen haben leben. Auch kümmern sich alte Freunde seiner Eltern hin und wieder rührend um ihn. 
Gerüchte werden laut. Ein großes Bauprojekt soll den Ort reich machen. Johnsey möchte sich nicht von seinem Land trennen, dem letzten was ihm noch aus der guten Zeit mit seinen Eltern bleibt. Doch die Gerüchte sagen, er will nur mehr Geld herausschlagen. Die Stimmung wird feindselig gegenüber dem vorher eher mitleidig beobachteten Jungen. Eines Tages wird er schwer zusammengeschlagen, ein langer Aufenthalt im Krankenhaus ist die Folge. Hier erfährt er seit langem wieder ein wenig Geborgenheit. Die Krankenschwester mit der schönen Stimme, sein Bettnachbar Nuschel-Dave werden so etwas wie Freunde, auch nach der Entlassung. Doch Johnseys Geschichte soll nicht gut enden...
Erzählt wird alles aus der Sicht Johnseys, den wir über ein ganzes Jahr, von Januar bis Dezember begleiten. Dabei wird seine eher beschränkte Wahrnehmungsweise gekonnt getroffen, auch wenn der Erzähler in der dritten Person bleibt und auch eine gewisse Distanz wahrt. Trotzdem schaut der Leser ganz tief in den einsamen, von Selbstzweifeln und Mutlosigkeit befallenen Jungen hinein, schöpft Hoffnung, resigniert, ist manchmal verwundert und verzaubert von den tiefen Wahrheiten, die dieser äußert. Er möchte ihm am Liebsten sagen: Du bist etwas wert, du bist liebenswert. Aber dieses Buch kann nicht gut enden. Ein halbwegs offener Schluss ist das einzige Zugeständnis an die Gefühle des Lesers. Dabei kommt das Buch nicht durchweg düster daher, hat sogar einen ganz eigenen Witz. Aber tieftraurig ist sie schon, die Geschichte von Johnsey Cunfiffe.
 

Kommentare

Pedi kommentierte am 05. April 2015 um 18:43

Mir ist bei dieser Rezi ein Fehler unterlaufen. Johnseys Vater begeht natürlich nicht Selbstmord, sondern stirbt an Krebs. Habe da mein gerade aktuelles Buch hineingemischt. Sorry!