Rezension

Dorfleben

Unterleuten - Juli Zeh

Unterleuten
von Juli Zeh

Bewertet mit 3 Sternen

„Für Kathrin waren die Abende Zeiten des Glücks. Sie liebte Bücher, besonders Romane , und unter Romanen vor allem die dicken. In allen Büchern, die Kathrin kannte, war die Welt auf wunderbare Weise in Ordnung. Selbst wenn das Leben der Figuren auf katastrophale Weise schief ging, selbst wenn nach allen Regeln der Kunst gequält und gelitten wurde, so besaßen Qual und Leiden doch immer einen Sinn, und wenn keinen Sinn, dann immerhin Zusammenhang und folglich Bedeutung.“ (Seite 355)

Ich bin überzeugt davon, dass Kathrin dieser Roman gefallen hätte. Er ist über 600 Seiten dick, und zumindest anfangs hat man das Gefühl, dass die Welt in diesem kleinen brandenburgischen Dorf in Ordnung ist. Erst nach und nach erschließt sich die Wirklichkeit und der Leser entdeckt, wie Intrigen die Menschen quälen und leiden lassen.

Juli Zeh erzählt mit herrlicher Ironie von Menschen, die ihre Träume leben wollen und von anderen daran gehindert werden. Gelungen fand ich die Einführung der Figuren, die nach und nach stattfindet, so dass der Leser nicht von allen gleichzeitig überfallen wird. Auch das Zusammenspiel der (neuen und alten) Dorfbewohner entwickelt sich langsam und nachvollziehbar. Erinnerungen an das Leben in der DDR zeigen deutlich, wie sich die Welt für die Alteingesessenen verändert hat, obwohl der eine oder andere mühsam versucht, alte Strukturen aufrecht zu erhalten.

„Zugezogene begriffen nicht, dass der Weltuntergang hier bereits stattgefunden hatte. Mehrmals. Durch die Bomben des zweiten Weltkriegs, die bei schlechtem Wetter wahllos über dem Berliner Umland abgeworfen wurden. Durch Rot-Armisten während des Vormarsches auf die Hauptstadt. Durch die Ankunft der Vertriebenen aus Ostpreußen, die sich auf Scheunen, Ställe und halb zerstörte Häuser verteilten. Durch die Errichtung der Mauer und durch das Einreißen der Mauer.“ (Seite 613)

Leider hat meine Begeisterung für diesen Roman nicht bis zum Schluss angehalten. Manches wurde mir zu weitschweifig erzählt, so dass meine Konzentration auf das dörfliche Geschehen in der zweiten Hälfte des Buches deutlich nachließ. Aus diesem Grund vergebe ich auch nur 3 Sterne.