Rezension

Drachen und Schwert und das Ende der Welt

Dragonbone Chair - Tad Williams

The Dragonbone Chair
von Tad Williams

Bewertet mit 3 Sternen

Fantasie? Ja, hat er, der Fantasyschreiber Williams. Aber ausschweifend ist er. Wer mit Fantasy erst beginnt, braucht was Zackigeres.

Beinahe hätte meine Rezensionsüberschrift gelautet: Langwierig wäre noch geprahlt. Denn Tad Williams beginnt seine „Saga von Osten Ard“ mit ausserordentlich epischer Länge. Sein Buch hat auch im Weiteren Längen um Längen, da muss man schon sehr geübt sein und die Zähne zusammenbeissen und von anderen Leserinnen angetrieben werden, um sie durchzustehen.

Ja, der erste Band „Der Drachenbeinthron“ hat mich nicht gerade vom Sockel gehauen. Das Personal ist nämlich auch nicht gerade so, dass man die Luft anhält. Jedenfalls nicht das menschliche. Das sich spinnefeind gegenüberstehende königliche Bruderpaar Elias und Joshua ist skizziert, fast hingekritzelt, nicht liebevoll ausgeführt.

Mit den Figuren aus den Tiefen der Tiefe sieht es besser aus. Sobald die Sithi auftauchen, ein blasiertes, hochmütiges Katzenvolk, bin ich ein wenig versöhnt. Mit der vielen Langeweile. Ja, Langeweile! Und der Luftgeist Ineluki, von dem man nicht weiß, aus was er besteht, wird vielleicht auch spannend sein. Vielleicht auch nicht. Er sitzt in seinem Stormspikeschloss, ist sauer und lässt Winter im Maien sein.

Es hat fast zwei Drittel eines mehr als 700seitigen Romans (mit unglaublich kleiner Schrift!!) gedauert, bis man mir eröffnet, dass man lediglich drei Schwerter sucht. Banal. Magische Schwerter. Memory. Sorrow. Thorn. *augenverdreh*. Aber immerhin weiss man es dann endlich. Vorher stolpert Simon, ein sehr dummer Küchenjunge durch die Geschichte, und wo der überall herumstiefelt ohne sichtbaren Sinn und Ergebnis.

Magische Schwerter finde ich halt läppisch. Und Drachen auch. Dafür kann keiner was. Doch nehme ich dem Autor übel, dass er den christlichen Glauben benutzt und verfremdet, um den Glauben der menschlichen Bewohner darzustellen. Statt Christus am Kreuz, hängt der Retter halt am Tree und man schlägt nicht das Kreuz, sondern macht das Zeichen des Baumes. Einfallslos und eigentlich schon Blasphemie. Anscheinend kann man aber auf Priester doch nicht verzichten. Nicht mal in Osten Ard.

Ist man fast am Ende des Buches angelangt und hat die Hoffnung auf Spannung vollkommen und ganz und gar aufgegeben, dann nimmt der Roman doch noch ein wenig Fahrt auf: eine Stadt wird belagert, Verrat und Intrige nehmen ihren Lauf, ein Schneepalast verzaubert und ein Drache wird erschlagen.

Positiv zu vermerken ist, dass der Autor sich, bei allen Abschweifungen plotmässig nicht verzettelt und dass auch der Leser  mühelos den Überblick behält, mögen noch so viele Personen aufmarschieren und wieder von der Bühne abtreten, das Große und Ganze verliert man nicht aus dem Auge.

Ein weiteres Plus sind manche humorigen Einwendungen. Es ist nur so eine kleine Prise Humor. Man hofft, in weiteren Bänden mehr davon anzutreffen.

Negativ ist wiederum, dass die erzählerischen Mittel des Autors begrenzt zu sein scheinen (dummer Frager, kluger Antworter ist sein Hauptstilmittel und das ist ausgerechnet die Erzählart, die der geneigten Leserin als besonders plumb erscheint).

Für das Jahr 1988 und als ersten ambitionierten Entwurf zur Fortsetzung von Fantasy im ausführlichen Stil von Tolkien mag man punktemässig nicht allzu tief gehen. Dennoch hofft man auf eine Steigerung! Sie ist notwendig.

Fazit: Drachen und Schwert und das Ende der Welt innerhalb eines königlichen Bruderzwists. Habe ich erwähnt, dass man Knöchelchen wirft, um die Zukunft vorherzusagen? Lächerlich.

Kategorie: Fantasy mit Fantasie
Daw Books, Penguin Group, 2005/Neuauflage.

Kommentare

Steve Kaminski kommentierte am 13. März 2019 um 09:24

Also, wir müssen Dich mal in ein Seminar "Grundlagen der Fantasy" schicken, wo Du u.a. lernst, dass ein Schwert grundsätzlich und immer - wenn nicht gar immer öfter! - etwas Achtungebietendes ist!!! Sein Auftauchen, und dann noch garniert mit einem Drachen, sollte Dich in höchste Fantasy-Spannung und -Verzückung versetzen!!! Und dann noch drei Schwerter!!!

Und der Simon ist, wenn ich mich recht erinnere, nur zum Schein dumm und in Wirklichkeit was Besonderes! Ist er nicht der Einzige, der eines der Schwerter aus seiner Scheide ziehen kann? Mir ist so, als hätte ich Anno dazumal sowas gelesen! Und mir ist so, als hätte ich damals auch die dortige Religion als arg simpel dem Christentum nachgestrickt empfunden.

Wie auch immer: Deine Rezi war sehr vergnüglich zu lesen!