Rezension

Ein bäuerlicher Hof durch die Zeiten hinweg betrachtet.

Mitgift -

Mitgift
von Henning Ahrens

Bewertet mit 4 Sternen

Ein wenig viel Bauernhof - liest sich aber flüssig.

Anhand seiner eigenen Familiengeschichte erzählt uns Henning Ahrens von der Historie eines Bauernhofes und seiner Bewohner in der Nähe von Peine. Die Leebs sind eine alte Bauernfamilie, die ein ansehnliches Gut verwalten. Anhand des bäuerlichen Daseins kennen sie harte Arbeit und keine Ferien, aber in Notzeiten ist wenigstens immer genug Nahrung vorhanden, um Familie und Angestellte durchzubringen. 

Die drei Wilhelms, der Name wird jeweils an den Hoferben weitergegeben, sind die Protagonisten. Wegen der Namensgleichheit sind sie nicht leicht auseinanderzuhalten, die Wilhelms sind jedoch die zentralen Figuren, während den Frauenspersonen lediglich Statistenrollen zugewiesen werden. 

Durch die Zeiten hindurch hat sich die väterliche Autorität aufrechterhalten, sie ist so unumstößlich wie Gottes Wort oder das Regime einer Gewaltherrschaft. Weder das eine noch das andere hat dem Hof gutgetan. Die Männer waren im Krieg, dort sind sie vollständig verhärtet, können als Kriegsgefangene und schließlich Kriegsheimkehrer den verlorenen Ruhm nicht verkraften und Schulderkenntnis halten sie sich durch Suff, Arbeit und Herrschaftsallüren nach ihrer Rückkehr vom Leib. Die nachrückende Generation ist in den Augen der alten verweichlicht. Sie kann ihr nichts recht machen, die Katastrophe ist unausbleiblich. 

Der Kommentar:
Die Personenzeichnungen sind dem Autoren überwiegend gut gelungen. Sprachlich ist der Roman gut aufgestellt, nichts Überragendes, aber auch nichts Verwerfliches, abgesehen von der inflationär gebrauchten Floskel „holte tief Luft“ Das bäuerliche Leben wird in aller Anschaulichkeit beschrieben, man könnte auch sagen ausgewalzt und leider auch ziemlich klischeebehaftet.

Der unchronologische, weit gespannte historische Aufbau macht den Roman interessant, kann man doch in mehrere Zeitalter spieken, wenn auch nur kurz, der Bogen spannt sich vom 18. Jahrhundert anno 1755 bis ins 20. Jahrhundert anno 1962. Eine Rahmenhandlung holt den Roman aus der kriegshandlungsbedingten Tristesse in die Gegenwart, in der der Kater Heini und manche Gläser Holunderlikörsche für Auflockerung sorgen.  

Fazit: Alles in allem gefällt der Roman ganz gut, allerdings ist er mit seinem rein bäuerlichen Konzept und seinem Generationenkonflikt als Kern letztlich etwas zu vorhersehbar und zu schlicht geraten, jedenfalls zu schlicht für die Longlist.

Der Roman steht auf der Longlist des Deutschen Buchpreises, 2021, während Dunkelblum, ein Siegertitel in seiner Komplexität, von der Jury verschmäht wurde. 

Kategorie: Belletristik: 3 Sterne
historischer Roman: 4 Sterne. 

Verlag: Klett-Cotta, 2021