Rezension

Ein Buch, das betroffen macht

Wimmerholz
von Michael Paul

Bewertet mit 5 Sternen

Es ist das Jahr 1998 in Visby, Schweden. Lena erhält über einen Notar einige Dinge von Olof Bengtsson, einem guten Freund der Eltern. Er hatte verfügt, dass die Sachen erst nach dem Tod von Lenas Eltern übergeben werden dürfen.

Nun wechselt die Geschichte ins Jahr 1944 nach Königsberg. Unter General von Schultzendorff dienen Feldwebel Martin als sein Fahrer sowie die Soldaten Hannes und Paul. Die drei sind befreundet.

Die Protagonisten sind gut charakterisiert. Hannes kommt aus Hamburg. Er war lange Zeit freigestellt, wurde dann aber doch eingezogen. Er sehnt nichts mehr herbei als die Rückkehr in die Heimat. Paul stammt aus Essen. Seine Leidenschaft ist Fußball. Martin ist in Köln zu Hause.

Auf einem Fest von Gauleiter Koch singt die 10jährige Lena, die einzige Tochter des Barons Claus von Tarnitz. Zehn Monate später sind Martin, Paul und Hannes mit Lena auf einem maroden Kahn unterwegs Richtung Schweden.

Der Autor hat einen fesselnden historischen Roman geschrieben. Das Buch lässt sich zügig lesen und hat mich schnell in seinen Bann gezogen. Der Spannungsbogen ist gleichbleibend hoch.

Ein dunkles Kapitel schwedischer Geschichte wurde gekonnt mit einer fiktiven Handlung verknüpft. Die in Königsberg lagernden Kunstschätze spielen dabei eine nicht unwesentliche Rolle.

Exakte historische Recherchen geben dem Buch seine beeindruckende Authentizität.

Der Sprachstil unterstützt den Inhalt. Mit passenden Worten wird die Skrupellosigkeit von SS und Geheimagenten deutlich gemacht, aber auch die Verzweiflung der Männer, die Tag für Tag auf eine Heimkehr hofften. Emotionale Entwicklungen werden sprachlich nachgezeichnet. Das betrifft zum Beispiel Lena, die als Tochter eines Gutsbesitzers Strenge statt Liebe erfahren musste. An anderen Stellen wirkt ein bewusst sachlicher Stil besonders bedrückend. Die punktuelle Verwendung der schwedischen Sprache stört den Sprachfluss nicht.  

Der Autor hat es ausgezeichnet verstanden, in der eigentlichen Handlung eine Vielzahl persönlicher Schicksale unterzubringen.  Menschlichkeit, Hilfsbereitschaft und Unterstützung trotz eigener Gefährdung stellen sich gegen die Brutalität des Krieges und die Heuchelei der Politiker.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Auf eindringliche Weise zeigt der Autor die ganze Härte des Krieges. Während sich führende Köpfe der militärischen Führung mit genügend Geld nach Lateinamerika in Sicherheit brachten, wurden die Soldaten gnadenlos ihrem Schicksal und den Siegermächten überlassen.