Rezension

Ein Buch, das Japan den Spiegel vorhält

Brüste und Eier - Mieko Kawakami

Brüste und Eier
von Mieko Kawakami

Bewertet mit 4.5 Sternen

Sommer 2008. Die 30-jährige Natsuko erhält Besuch von ihrer älteren Schwester Makiko und deren 12-jähriger Tochter Midoriko. Es werden seltsame Tage, denn Makiko, die alleinerziehend ist und als Hostess in einer Bar arbeitet, möchte sich in Tokyo unbedingt die Brüste vergrößern lassen. Midoriko hingegen kommt mit den Veränderungen, die die Pubertät mit sich bringt, überhaupt nicht zurecht. Ihrer Mutter gegenüber ist sie verstummt und teilt ihre Gedanken nur noch mit ihrem Tagenbuch. Als Makiko dann am letzten Tag des Besuchs einfach verschwindet, eskaliert die Situation. Acht Jahre später hat Natsuko ihren ersten Roman veröffentlicht, aber seitdem will ihr das Schreiben nicht mehr gelingen. Dafür verfolgt sie immer mehr der eine Wunsch: ein Kind. Doch wie soll das gelingen? Wo sie doch aktuell in keiner Beziehung und außerdem asexuell ist. Und so begibt sie sich auf die Suche nach "ihrem" Kind, recheriert jahrlang über das Thema Samenspende, auch wenn ihr Umfeld teilweise sehr ablehnend reagiert.

"Brüste und Eier" beschäftigt sich intensiv mit der Situation der Frau im modernen Japan. Traditionell wird von dieser immer noch verlangt, sich um Mann, Haushalt und Kinder zu kümmern; das mit einem eigenen Berufsleben zu verknüpfen, ist oftmals unmöglich. In ihrem Roman erzählt Mieko Kawakami von eben diesen Frauen, die durch das Raster der japanischen Gesellschaft fallen. Alleinerziehende, geschiedene Frauen, Frauen, die wieder bei ihren Schwiegereltern einziehen müssen, weil der Mann seiner Rolle als Ernährer nicht nachkommen kann und solche, die auf dem Weg zur eigenen Karriere völlig vereinsamen. Kritik daran wird vor allem durch eine von Natsukos Freundinnen laut: "Denen ist nicht zu helfen", urteilt sie, nachdem sie das Mittagessen mit ehemaligen Arbeitskolleginnen verlässt, allesamt bereit, alles für Mann und Kinder zu opfern. Der Schreibstil der Autorin ist dabei nüchtern, so dass es manchmal schwerfällt, Bezug zu den Figuren herzustellen. Vor allem Natsuko bleibt lange Zeit nur schwer greifbar, ihre Motivation ist kaum nachvollziehbar. Dennoch nimmt man als Leser Anteil an ihrem Leben und wünscht ihr, dass am Ende alles gut mögen werde. Was auch immer das in diesem Fall genau bedeutet.

Fazit: Ein wichtiges Buch, das der japanischen Gesellschaft den Spiegel vorhält