Rezension

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Ein echter Hörgenuss

Kriegslicht - Michael Ondaatje

Kriegslicht
von Michael Ondaatje

Bewertet mit 5 Sternen

Schreiben kann er!

Michael Ondaatje, ein kanadischer Autor mit Wurzeln in Sri Lanka, England und Holland, hat bereits mit "Der englische Patient" bewiesen, dass er erzählen kann, so auch in "Kriegslicht". Er streut hier und da Erzählsplitter, erwähnt ganz beifällig Dinge, die er erst später enthüllt. Dies erfordert vom Hörer die ganz Aufmerksamkeit.

Die Geschichte wird mit den Augen Nathaniels erzählt, einem jungen Mann, Ende 20, der im Jahr 1959 auf das Weltkriegsende 1945 zurückblickt, das er als Vierzehnjähriger in London erlebte. Die Eltern verlassen England und lassen Nathaniel und seine Schwester Rachel in der Obhut zweier zwielichtiger Gestalten, dem Falter und dem Boxer, zurück. Die Kinder sind nun ohne Eltern, schwänzen die Schule, Rachel entdeckt ihre Liebe fürs Theater, Nathaniel seine für junge Frauen und nimmt an div. Schmugglergeschäften teil. Dennoch habe ich den Eindruck, dass diese Erfahrungen wichtig für ihre Entwicklung sind und sich bei ihren "Babysittern" ein weicher Kern unter der harten Schale verbirgt. Erst Jahre später, als Nathaniel im Ministerium arbeitet, forscht er über das mysteriöse Leben seiner Mutter nach und entdeckt nach und nach, was ihm die Eltern bzw. seiner Mutter nie erzählt hat. Ondaatje löst dies durch Rückblenden, die sich wie Puzzleteile zu einem Gesamtbild zusammenfügen.

Ich konnte ganz in die Geschichte eintauchen, mit Nathaniel durch das zerbombte London streifen und auch die Sehnsucht seiner Mutter nachvollziehen. Umso besser ist es, dass es sich beim Hörbuch um eine ungekürzte Fassung handelt; übrigens von Frank Stieren brillant gelesen.