Rezension

Ein ewiger Gedankenstrom

Ach, Virginia - Michael Kumpfmüller

Ach, Virginia
von Michael Kumpfmüller

Bewertet mit 4 Sternen

Am 28. März 1941 packte Virginia Woolf ein paar schwere Steine in ihre Manteltaschen und ging damit ins Wasser. Ihre Leiche wurde erst drei Wochen später geborgen. Die berühmte britische Schriftstellerin wurde 59 Jahre alt.

Wie Virginia Woolf ihre letzten Lebenstage verbracht haben könnte, davon erzählt Michael Kumpfmüller in seinem Roman „Ach, Virginia!“

Ein kleines Haus auf dem Land bietet ihr und ihrem Ehemann Leonard ein Refugium fernab von dem zerbombten London. Doch der Krieg ist auch hier zu spüren, rückt näher. Virginia kann nicht schreiben, wird von Ängsten geplagt, hört Stimmen, lässt alldiejenigen Menschen, die sie in ihrem Leben begleiten durften, vor ihren inneren Augen erscheinen. Ein ewiger Gedankenstrom quält sie. Sie will nicht wahnsinnig werden, will nicht (wieder) in eine psychiatrische Anstalt. Von ihrem Mann fühlt sie sich unter Druck gesetzt, kontrolliert, will ihn aber gleichzeitig freigeben für ein Leben ohne sie.

In ihrem berühmten Essay „A Room of One‘s Own“ aus dem Jahr 1929 schrieb Virginia Woolf über die Beschränkungen, denen Frauen, insbesondere schreibende Frauen, ausgesetzt waren. Jetzt kurz vor ihrem Tod ist ihr inneres Ich dieser Raum.

„Ich bin zu Hause, sagt sie sich. Ich habe ein Haus, aber niemand weiß, dass es existiert und wo genau es liegt. Es kann niemand ungefragt herein…… gefühlt ist ihr Ich-Raum so groß wie ein Londoner Mietshaus.“

Es ist ein permanentes Schwanken zwischen Wahn und Realität. Kumpfmüller trifft dieses Hadern, die Verzweiflung und Zermürbung genau. Wir folgen dem stream of consciousness -  diese Art zu Schreiben hat Virginia Woolf einzigartig beherrscht – bis zum bitteren Ende.