Rezension

Ein ganz besonderes Buch

Wildwood - Colin Meloy

Wildwood
von Colin Meloy

Bewertet mit 5 Sternen

Handlung:

Die 12-jährige Prue McKeel lebt mit ihren Eltern und ihrem 1 Jahr alten Bruder Mac in dem beschaulichen Ort St John’s in Portland. Doch als sie eines Tages mit Mac einen Ausflug auf den Spielplatz unternimmt, muss sie auf einmal hilflos mit ansehen, wie ihr Bruder von einem Schwarm Krähen in die Luft gehoben und davon getragen wird. Auf ihrem Fahrrad verfolgt Prue die Krähen bis an die Grenzen des großen und dunklen Waldes, der jenseits des Flusses beginnt. ” Die undurchdringliche Wildnis” wird dieser seltsame Ort genannt, vor dem jedes Kind im Dorf schon seit klein auf gewarnt wird. Denn wer in dem wirren Dickicht aus Bäumen und Sträuchern verschwindet, so sagt man, kehrt nie mehr nachhause zurück. Prue macht sich trotz allem auf die Suche nach ihrem geliebten Bruder, denn es muss ihr einfach gelingen, den kleinen Mac zu ihren Eltern zurück zu bringen.

Eigene Meinung:

“Wildwood” ist im Hardcover erschienen und hebt sich durch sein Format von knapp 19 zu 15 cm stark von anderen gebundenen Ausgaben ab, da es sich einer quadratischen Form annähert. Auf dem Cover ist der Krähenschwarm zu sehen, der den kleinen Mac bereits im ersten Kapitel entführen wird. Die äußerliche Gestaltung des Jugendbuchs wird jedoch im Innenteil noch übertroffen – es besticht durch Karten, liebevoll gezeichnete Kapitelanfänge und weitere zahlreiche Illustrationen. Besonders ins Auge fallen dabei die 6 farbigen, ganzseitigen Bildtafeln, die wichtige Szenen aus dem Roman wiedergeben. Man merkt es den Zeichnungen an, dass Carson Ellis hier mit viel Liebe zum Detail und zur Welt von “Wildwood” ans Werk gegangen ist. Das Buch ist ein wahrer Augenschmaus!

Die Protagonistin Prue ist ein aufgewecktes Mädchen, das ihrem eigenen Kopf hat. Schon mit 12 ist sie überzeugte Vegetarierin und zeichnet für ihr Leben gerne Vögel. Ihren liebsten Band über heimische Vogelarten hat sie schon seit Wochen in der Bibliothek überzogen, doch Prue kann sich einfach nicht von den wunderschönen Zeichnungen trennen. Ihren kleinen Bruder Mac liebt sie sehr und die beiden ziehen oft den ganzen Tag zusammen durch das Dorf; Prue auf ihrem Fahrrad, ihr kleiner Bruder im knallroten Anhänger. Als Mac dann eines Tages von einem Krähenschwarm entführt wird, beschließt Prue sofort, ihren kleinen Bruder zu retten. Begleitet wird sie dabei von Curtis, einem Klassenkameraden, der gerne vor sich hinträumt und eine Schwäche für Superhelden hat. Beide Charaktere schließt man als Leser sofort ins Herz, sie sind authentisch und aufrichtig.

Die Handlung wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt, zumeist begleitet der personale Erzähler entweder Prue oder Curtis, manchmal werden aber auch kursive Passagen aus Sicht der Gouverneurswitwe Alexandra geschildert, die in “Wildwood” quasi das Böse verkörpert. Überhaupt hat die Welt, die im undurchdringlichen Dickicht parallel zur unsrigen existiert, eine Menge an Überraschungen zu bieten. Es ist eine magische Welt, in der technischer Fortschritt nur langsam Einzug hält. Ein Welt, in der Tiere und Menschen zusammen leben, allerdings nicht immer friedlich. So durchstreift die Kojotenarmee der Gouverneurswitwe die Wälder, um nach und nach die Herrschaft über Wildwood zu erlangen. Eine Räuberbande, regiert vom Räuberkönig Brendan überfällt regelmäßig die Bauern und Händler und in einem Abschnitt des Walds lebt das Vogelvolk unter der Herrschaft des großen Uhu Rex. Und noch während Prue und Curtis den kleinen Mac zurückbringen können, finden sie sich mitten in einem Krieg zwischen den unterschiedlichen Fraktionen in der “undurchdringlichen Wildnis” wieder. Es ist jetzt an ihnen, sich für eine Seite zu entscheiden und an der Seite ihrer neu gewonnenen Freunde zu kämpfen.

Die zauberhafte Welt von “Wildwood” zieht den Leser sofort in seinen Bann und die Seiten fliegen beim Lesen nur so dahin. Die Sprache ist einem Jugendbuch angepasst, dabei aber auch wundervoll bildhaft und klar. Im Verlauf der Handlung gibt es noch die ein oder andere Überraschung, zum Beispiel was Prues Familie und ihre Herkunft betrifft; zu viel will ich hier aber nicht verraten. Das Ende des Romans ist – obwohl es sich hier um Band 1 einer Reihe handelt – in sich abgeschlossen und das gefällt mir sehr gut. Dennoch macht auch gerade der Schluss enorme Lust darauf, noch mehr von den Bewohnern des Walds und vor allem von Prue und Curtis zu lesen.

Fazit: ein zauberhaftes Jugendbuch, das sich mit seinen liebevollen Illustrationen von anderen Vertretern des Genres abhebt