Rezension

Ein gelungener Krimi aus dem Berlin im Juli 1944

Stürzende Feuer -

Stürzende Feuer
von Ben Pastor

Bewertet mit 5 Sternen

Autorin Ben Pastor entführt ihre Leser in den Juli des Jahres 1944. Die Niederlage des NS-Regimes ist nach der Landung der Alliierten am 6. Juni 1944 absehbar, auch wenn es die Machthaber nicht wahrhaben wollen.

 

Oberstleutnant Martin Bora, im Zivilberuf Detektiv, kehrt für eine Woche Heimaturlaub von der italienischen Front nach Berlin zurück, um am Begräbnis seines Onkels, Prof. Dr. Alfred Reinhardt-Thoma, teilzunehmen. Neben der von alliierten Bomben teilweise zerstörten und demoralisierten Stadt, entdeckt er einige Ungereimtheiten beim Tod seines Onkels, der ein Gegner der Euthanasie durch das NS-Regime war. Doch bevor er sich damit näher beschäftigen kann, erhält er vom Chef der Kriminalpolizei Arthur Nebe (1894-1945) den Auftrag bis zu seiner Rückkehr an die italienische Front, den Mord an einer schillernden Persönlichkeit, dem Magier Walter Niemeyer, den auch zahlreiche Nazi-Bonzen „konsultieren“, aufzuklären. Dazu erhält er eine Liste mit den Namen von vier Verdächtigen, ein Auto und einen erfahrenen Kriminalbeamten namens Grimm als Chauffeur und Aufpasser.

 

Gemeinsam arbeiten sie die Liste der Verdächtigen ab und Martin Bora (und die Leser) können sich des Eindrucks nicht erwehren, dass der Täter ohnehin schon feststeht, egal ob er Niemeyer tatsächlich getötet hat oder nicht.

 

Bora gerät in ein dichtes Netz von Lügen und Halbwahrheiten aus dem es scheinbar kein Entrinnen gibt, zumal sich Gerüchte eines Umsturzversuchs hartnäckig in Berlin halten, weshalb er Kontakt zu Oberst Stauffenberg aufnimmt. Man ist sich, obwohl ähnlich versehrt (Bora fehlt nach einem Partisanenangriff die linke Hand), nicht sonderlich sympathisch.

 

Meine Meinung:

 

80 Jahre nach dem Umsturzversuch durch die Gruppe rund um Graf Stauffenberg auf Hitler bringt der Unionsverlag diesen zeitgeschichtlichen Kriminalroman, der der 7. Band einer bislang 11-teiligen Krimi-Reihe von Ben Pastor ist, heraus. Ben Pastor ist das Pseudonym der italienischen Autorin Maria Verbena Volpi. Bislang sind erst drei Krimis mit Martin Bora ins Deutsche übersetzt worden. Der hier vorliegende sowie „Tod der Äbtissin“ und „Kaputt Mondi“.

 

Ben Pastor hat mit Martin Bora, der 1913 als Martin-Heinz Douglas Baron von Bora geboren worden ist, eine interessante und mitunter ambivalent erscheinende Figur erschaffen. Er ist Wehrmachtssoldat, Detektiv sowie Nachfahre von Martin Luthers Ehefrau Katharina von Bora. Als adeliger Gutsbesitzer in Ostpreußen sind ihm Verantwortungsbewusstsein und Umsicht in die Wiege gelegt. Daher erscheint es manchmal unverständlich, dass er im NS-Unrechtsregime, anders als Onkel Prof. Dr. Alfred Reinhardt-Thoma, bisher überlebt hat.

 

Während seines Aufenthaltes in Berlin residiert er standesgemäß im Hotel Adlon, auch wenn das inzwischen auf Grund der kriegsbedingten Mangelwirtschaft an Qualität eingebüßt hat, und auch von zahlreichen Nazis frequentiert wird.

 

Der Auftrag, den Bora von Nebe erhält, lässt vermuten, dass Bora, der aus seiner Zeit bei der Abwehr unter Admiral Wilhelm Canaris über einige Verbindungen verfügt, eine Falle gestellt werden könnte. Oder dass Nebe es mit einer möglicher Beteiligung am Umsturzversuch ernst gemeint hat. Arthur Nebe wird jedenfalls wie Wilhelm Canaris wegen Hochverrat im März bzw. April 1945 zum Tode verurteilt und gehenkt.

 

Geschickt werden Fakten und Fiktion miteinander verknüpft.

 

Ben Pastor (und ihrer Übersetzerin Hella Reese) ist es sehr gut gelungen, die eigenartige Stimmung, die in Berlin herrscht, einzufangen. Man kann niemandem mehr trauen, manchmal auch sich selbst nicht. Wir dürfen an den Gedanken von Martin Bora teilhaben. Wie immer, finde ich die Widersprüche, die sich in der Doktrin des NS-Regime auftun, sehr interessant.

 

Man kann diesen Krimi sehr gut ohne Kenntnis der anderen lesen. Ich werde mir jedenfalls die beiden, die auf Deutsch erhältlich sind, besorgen, da mich die Entwicklung der Protagonisten immer interessiert.

 

Fazit:

 

Gerne gebe ich diesem zeitgeschichtlichen Krimi rund um Martin Bora 5 Sterne.