Rezension

Ein gläsernes Leben, eine verborgene Stadt der Masken und ein gefährliches Spiel

Die gefallene Stadt - Emily Dunwood

Die gefallene Stadt
von Emily Dunwood

Bewertet mit 4 Sternen

Packende Interpretationen einer brandaktuellen Thematik und eine ungewöhnliche, realistische Protagonistin

Wie sieht dein Leben aus, in einer Stadt, in der jedes deiner Erlebnisse und Gefühle für alle öffentlich ist? Wie tief könntest du fallen, wenn die Stadt so hoch gebaut ist, dass dir das Atmen schwerfällt?
Und was passiert, wenn durch einen Moment plötzlich all der perfekte Schein in sich zusammenbricht, der dein ganzes Leben ausgemacht hat?

Java lebt in der Wolkenkratzer-Metropole Surface City und wie jeder Andere hat auch sie eine Timeline, die ihr gesamtes Leben holographisch abbildet.
War sie einmal Teil der gläsernen Community, stürzte ein einziger Moment ihre Welt ins Chaos und lässt sie nun alleine, geächtet und verarmt zurück.
Für die ganze Stadt sichtbar ist sie gefangen in Trauer und Verzweiflung, doch dann bietet sich ihr durch eine Verwechslung die einmalige Gelegenheit auf einen Neuanfang.
Dafür muss sie jedoch in die dunkle Stadt unter ihren Füßen, die ihr völlig fremd ist.
Eine ganze eigene Welt der geheimen Organisationen, Gewalt und zwielichtiger Gestalten.
Eine Welt, in der es keine Timelines gibt, die Menschen Masken tragen und niemals alles von sich preisgeben.
Und ein Ort, an dem sie alles verlieren -oder gewinnen- könnte.

 

Java ist ein Charakter, den man weder ins Herz schließt, noch besonders gut leiden kann. Sie ist zwar klug und zielstrebig, jedoch auch innerlich unstetig, berechnend und zynisch.
Dennoch bleibt der Leser an der Geschichte kleben, wie eine Fliege im Netzt, denn die rasante Handlung und Undurchsichtigkeit des Vergangenen und der gegenwärtigen Ereignisse, zieht einen in seinen Bann.
Das Buch ist kein Jugendbuch voll Romantik, überschäumender Fantastik oder idealistischer Storyline. Vielmehr ist es eine ehrliche Interpretation und Umdichtung der öffentlichen Seite des heutigen Social Media Lebens auf eine ganze Stadt. Es mutet mehr an wie ein Thriller mit Science-Fiction Elementen, die aber bis auf die Beschreibung der Timelines und der Stadt fast vollständig im Hintergrund bleiben.

Die Sprache ist gewandt und schier melancholisch anmutig, immer wieder unterbrochen durch winzige Rückblickbruchstücke.
Während die Handlung voranschreitet, werden die Geschehnisse langsam zusammen-gepuzzelt und neue Fragen aufgeworfen. So diskret und geheimnisvoll, wie man in Deep City mit Informationen umgeht, so sparsam ist auch die Autorin mit ihren. Dem Leser wird nie das große Ganze gezeigt, sodass eine anhaltendes Spannungsplateau entsteht.
Großer Bestandteil der Handlung sind Gespräche, Interpretationen von Mimik und Körperhaltung, sowie die Gedanken von Java.

Auch wenn die Spannung gut erhalten bleibt und die Handlung zügig voranschreitet bleibt das Gefühl, dass nicht wirklich viel passiert ist. Viel passiert im Hintergrund oder wird nur erzählt. Dadurch, und auch weil die Charaktere sehr geheimnisvoll und undurchsichtig sind, bleibt einem die Handlung schlecht im Kopf und lässt einen weder bereichert noch zufrieden ob des Schlusses zurück.

Trotz dessen, dass man nicht erhält, was man durch Leseprobe und Beschreibung erwartet, unterhält das Buch einen auf eine ungewöhnliche Weise, die man bei Jugendbüchern selten findet.
Die Thematik könnte kaum aktueller sein und zusammen mit herausragend auf die Atmosphäre des Romans angepasster Jugendsprache, kann ich eine klare Leseempfehlung aussprechen!