Rezension

Ein kleiner Junge ganz allein im Krieg

Ein Zuhause in Afrika -

Ein Zuhause in Afrika
von Irma Joubert

Der kleine Charles - er ist zu Beginn des Zweiten Weltkriegs erst fünf Jahre alt und zum Zeitpunkt seiner Verschickung zu einer Großtante in Schottland sechs Jahre alt - wird auf tragische Weise blitzschnell erwachsen. Denn er muss schnell lernen, sich selbständig neu zu orientieren, in einer vollkommen fremden Umgebung einzuleben - was ihm tatsächlich gut gelingt. Mehr noch - er verliebt sich richtiggehend in seine alte Tante Grace, die so viel mehr Zeit für ihn hat als sein Vater in London - und fast noch mehr in das kleine schottische Dorf, in das es ihn nun verschlagen hat. Hier findet der kleine Junge, dem das Lernen in manchen Fächern so schwer fällt, seine Erfüllung - das Leben und Arbeiten auf dem Bauernhof. Dessen ist er sich schon in jungen Jahren ganz sicher. Dennoch verschlägt es ihn ganz gegen seinen Willen nach Südafrika - wieder muss er sich neu orientieren. Ebenso wie Oswald, der enthusiastische Nationalsozialist, der in sowjetischer Gefangenschaft noch mal sein ganzes Leben überdenkt und in ein Deutschland ohne Hoffnung, in dem er nicht bleiben kann, zurückkehrt.

Ich habe bereits einige Bücher der südafrikanischen Autorin Irma Joubert gelesen und bin mittlerweile zum Fan geworden. Denn sie eröffnet neue Perspektiven, Blickwinkel und Aspekte auf Historisches und zwar nicht nur durch akribische Recherchen. Nein, auch der Glaube und sein Einfluss auf die Menschen spielt stets eine Rolle, wobei er in diesem dreiteiligen Romanzyklus um Hildegard, Mentje und in vorliegendem Band vor allem um den kleinen Charles ganz besondere Bedeutung erlangt - hier geht es sowohl um den christlichen Glauben als auch um das Judentum. Ich habe viel gelernt durch dieses Buch, bin Irma Joubert mit Begeisterung nach Ostpreußen zu Hildegard, in die Niederlande zu Mentje, mit Charles nach Schottland und schließlich allen Protagonisten nach Südafrika gefolgt. Auch wenn die Geschichte in großen Teilen eine traurige ist, entbehrt sie doch nie der Hoffnung. Mitreißend, aufwühlend, ab und an auch überraschend: jedes ist ein eindringlicher Roman über zwei Lebenswege (wobei der zweite etwas weniger im Vordergrund steht) die sich in schweren Zeiten kreuzen und der ausgesprochen lesenswert ist!