Rezension

Ein Krimivergnügen, in dem die Regeln des Genres nicht allzu ernst genommen werden

Die feine Nase der Lilli Steinbeck - Heinrich Steinfest

Die feine Nase der Lilli Steinbeck
von Heinrich Steinfest

Bewertet mit 5 Sternen

Bei Krimis, etwa im Fernsehen, mag man sich immer wieder mal fragen, ob das, was man da gesehen hat, auch in der Realität möglich ist; zu einem guten Krimi gehört dann oft, dass das Dargestellte »realistisch« ist.

Nicht so bei Heinrich Steinfest.

Da gibt es Schlüsselanhänger, die aus Insekten und Technik bestehen, eine ausgestorbene Vogelart, die Dronten, taucht gleich als ganze Kolonie in einer Art unterirdischem Raumfahrtzentrum auf, und ein Detektiv, der sich aufgrund seines Körpergewichts kaum bewegen kann, kommt immer davon, weil Pistolenkugeln einen Weg um ihn machen – er ist ihnen zu unangenehm. Dass dann auch mal die Frage gestellt wird, ob eine Person am Verbrechen beteiligt ist, diese Frage dann aber nicht beantwortet wird, gehört zur Steinfest’schen Art, Krimis zu schreiben, die dieses Genre nicht zu ernst nimmt.

Zur Handlung: Georg Stransky wird entführt, die Spur führt nach Griechenland, und Lilli Steinbeck, die Polizistin, nimmt Urlaub, um den Fall zu klären. Stransky, so stellt sie fest, gehört zu einer Zahl von Männern, die entführt, dann wieder frei gelassen werden. Es ist das Spiel zweier Gruppen: Die eine (die Verbrecher) will dafür sorgen, dass die Freigelassenen umgebracht werden, die andere (die Götter) möchte, dass sie nach Hause zurückkehren können. Sobald einer der Entführten wieder zu Hause angekommen ist, hat die zweite Gruppe gewonnen, und das Spiel ist beendet. Lilli Steinbeck übernimmt nun mit dem Detektiv Kallimachos die Aufgabe, Stransky zu finden, um ihn möglichst heil zu Hause abzuliefern.

Wie in seinen anderen Romanen erfreut Steinfest Leserin und Leser auch hier wieder mit einer Fülle skurril-komischer Sprachbilder, die Dinge immer wieder über Paradoxien verdeutlichen können. Da gibt es z. B. einen Croupier »mit der gepreßten Stimme eines glattgewalzten Marienkäfers«, der grinst, was aussieht, »als lächle ein Panzerkreuzer. Ein Panzerkreuzer mit der Stimme eines zerdrückten Marienkäfers.« (S. 186) Oder es gibt Leute, die »an fleischgewordenes Kriegsspielzeug erinnerten und daran, wie schlecht solches Spielzeug für eine gesunde Entwicklung ist« (S. 165). Und der Boss der »Götter«-Gruppe hat eine Ehefrau, die aber keiner kannte: Dazu muss gesagt werden, dass er »noch nie mit einer anderen Frau gesehen worden war als mit jener, mit der man ihn auch noch nie gesehen hatte« (S. 76). Schön auch, wie Steinfest in seinen verschiedenen Romanen Figuren aus anderen seiner Bücher auftauchen lässt. Stavros Sterling spielt in »Die feine Nase der Lilli Steinbeck« wie in »Plutos Liebe« eine Rolle, Lilli taucht auch am Rande in »Plutos Liebe« auf, und Steinfests Stuttgarter Kommissar Rosenblüt kommt auch hier, im Steinbeck-Krimi, zu einem kurzen Einsatz.

Die Menschen sind in Steinfests Roman Spielball – der Verbrecher wie der Götter. Und wichtig ist es, wie Lilli Steinbeck gegen Ende feststellt, widerständig zu sein.

Schließlich kann sie Stavros Sterling und seiner Frau Inula helfen, dass ihr kleiner Sohn, der nachts ständig schrie, zur Ruhe findet: »Lilli war in diesen Sturm geraten, um letztendlich ein Kind zu ›stillen‹ und ihm in seinen Schlaf zu helfen. Das war es: ein Kern von Glück.« Aber: »Kein Glück ohne Ende.« (S. 340)

Das Buch ist ein großes Lesevergnügen.