Rezension

Ein Mann, eine Frau, ein Alligator und der Hahn

Albert muss nach Hause - Homer Hickam

Albert muss nach Hause
von Homer Hickam

Bewertet mit 3 Sternen

Elsie und Homer sind ein junges Ehepaar, das im trostlosen Coalwood, Westvirginia lebt. Homer ist Bergarbeiter, wie alle Männer in der Umgebung im Bergwerk arbeiten und sterben. Elsie möchte eigentlich nur weg von hier - und möglicherweise auch von Homer. In ihrem Haushalt lebt noch ein Alligator namens Albert, der Elsie von ihrer alten Flamme zur Hochzeit geschenkt wurde. Irgendwann wird es Homer zu viel und er stellt ein Ultimatum: der Alligator oder ich. Widerstrebend gibt Elsie nach und sie beschließen, Albert nach Hause, zurück nach Florida zu bringen. Es wird ein Roadtrip, auf dem sie Bankräubern, Schriftstellern und Kommunisten begegnen, Serienkillern, Alkohol- und Diamantenschmugglern, guten Menschen, bösen, irgendwas dazwischen. Es wird eine Reise der Erkenntnisse - und was hat eigentlich der Hahn in der Geschichte zu suchen?

Ich bin wirklich zerrissen, was diese Geschichte angeht. Einerseits ist sie wie eine Art Tom Sawyer und Huckleberry Finn 2.0 in erwachsen, andererseits fehlt mir die Wärme, welche diese Bücher ausstrahlten. Und damit komme ich hier zum entscheidenden Punkt, was mir sehr oft diese Geschichte, die teilweise auch etwas vom Baron Münchhausen an sich hatte, extrem vergällt hat: Elsie. Elsie ist neben Homer und Albert (und dem Hahn!) die Hauptperson der Geschichte, und ich habe sie mit Inbrunst verabscheut. Ich konnte diese Frau auf den Tod nicht ausstehen. Sie hat jung geheiratet, ok. Aber eigentlich liebt sie ihren Mann nicht, denn sie liebt den Traum, den sie von einem anderen Mann hat(te). Und sie macht Homer das Leben wirklich zur Hölle. Der Kerl ist grundanständig, versucht ihr wirklich, alles recht zu machen, reißt sich für sie den Arsch auf und alles, was er jemals zurückbekommt, ist Kälte und Undankbarkeit. Ich finde es gut, dass Elsie sagt, sie will sich selbst verwirklichen, aber was auch immer sie tut, tut sie gar nicht aus diesem Grund, sondern weil sie einfach Homer eine reindrücken will. Homer hat sicher seine Fehler, aber dass er seine Frau schlecht behandelt, gehört nicht dazu. Das hat mich so oft so geärgert, dass ich vieles nicht richtig genießen konnte, obwohl das Buch eigentlich Spaß hätte machen können. Zum Schluss dachte ich nur noch: Jetzt hast du immer einen auf Rebell gemacht, um zum Schluss dann doch nur eine Hausfrau in einem dreckigen Kohlenest zu werden? Armselig. Und an Homers Stelle hätte ich mich lieber für Albert als diese Frau entschieden. Wenn das Liebe ist, ist das keine Liebe, die ich jemals kennenlernen möchte.