Rezension

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Ein schmutziger Krimi aus den 30er Jahren

Sei ganz still - Sebastian Thiel

Sei ganz still
von Sebastian Thiel

Ein geschichtskundiger Krimi, der schnörkellos die Halbwelt der 30er Jahre beschreibt.

Friedrich Wolf wurde vor ein paar Monaten verhaftet und in ein Gefangenenlager gebracht, aus dem er nun von Dr. Ernst Kampa befreit wird. Allerdings wird zu Bedingung gemacht, dass er die Verlobte des Arztes findet, die anscheinend abgetaucht ist. In ihrem Grab findet sich nur die Leiche einer alten Frau. Während Wolf seine alten Beziehungen in der Düsseldorfer Unterwelt wieder aufleben lässt, muss er am eigenen Leib erfahren, dass Feinde überall lauern und man niemandem trauen sollte…

Der Krimi spielt kurz vor Beginn des 2. Weltkrieges, auf dem Höhepunkt von Hitlers Macht. Die Zukunft liegt in dunklen Schatten, aber auch die Vergangenheit und die Gegenwart hat hier nur wenige helle Momente für den Leser parat. Die Unterwelt ist grausam, brutal und dreckig. Auch der Protagonist regt nicht dazu an, ihn vollends sympathisch zu finden. Seine Ecken und Kanten sind menschlich-männlich, seine Charakterschwächen gut nachzuvollziehen nach einer verkorksten Kindheit und einer Jugend in den Schützengräben des 1. Weltkriegs.

Sebastian Thiel erzählt mit fundiertem historischem Hintergrundwissen, ohne dies aufdringlich in den Vordergrund zu spielen. Die Behandlung von Schwachsinnigen oder Behinderten während des 3. Reiches ist vielen bekannt, aber welche Ausmaße dahintersteckten, wird hier schmerzlich deutlich. Hier hat man einen Roman vorliegen, der authentisch ist, sowohl in seiner angesiedelten Epoche als auch in dem Milieu. Weiße Westen gibt es hier nicht, nur Entscheidungen.

Den Leser erwartet kein feines Ambiente, in dem ein gestriegelter Ermittler mit spitzen Fingern und scharfer Intelligenz einen Fall löst. Hier wird im tiefsten Dreck gewühlt mit Schweiß und Blut. Niemand ist unschuldig; jeder hat seine Facetten, die zumeist in den verschiedensten Grautönen schimmern, aber nie völlig schwarz oder weiß sind.