Rezension

Ein schöner, leichter Roman über eine spannende Epoche der Widersprüche

Das Lichtenstein - Marlene Averbeck

Das Lichtenstein
von Marlene Averbeck

"Das Lichtenstein- Modehaus der Träume" ist der Auftakt einer dreiteiligen Saga, die sich maßgeblich um das Modehaus Lichtenstein dreht, sowie seine vier Protagonisten, deren Schicksale und Träume trotz ihrer unterschiedlichen Hintergünde eng miteinander verwoben sind.

Das Cover ist für eine Geschichte voller Glanz, Gloria, Emotionen und spannenden Entwicklungen für mich nicht ausdrucksstark, aufmerksamkeitsheischend genug. Ich hätte mir etwas modischeres, stilechteres gewünscht, den großen Glanz widergespiegelt im Cover dieser doch signifikanten Epoche. Nennenswert ist zu Beginn die Personenaufstellung, die zu jedem guten, historischen Roman dazugehört, sowie ein Glossar, um die Begrifflichkeiten ihrem modernen Kontext zuordnen zu können.

Die Geschichte beschreibt die spannende Epoche zwischen 1913- 1918, im Zentrum die Stadt Berlin und das Modehaus Lichtenstein. Der Autor erzählt die Geschichte aus den wechselnden Perspektiven der vier Protagonisten: Jacob, Hedi, Thea und Ella. Jacob Lichtenstein, Sohn des Gründers des Kaufhauses, ist ein moderner Geschäftsmann, der mit kreativen und innovativen Ideen das Lichtenstein in eine neue Ära führen will. Er sieht sich dabei jedoch mit seiner Familie konfrontiert, allen voran seinem Bruder Ludwig, der andere Pläne für die Zukunft des Modehauses verfolgt. Hedi Markwardt, ein neues Ladenmädchen im Lichtenstein, träumt von einer Karriere in der Mode aufgrund ihres Talents für Farben und Formen, doch sie muss sich gegen ihre konservative Mutter behaupten und sich im Modehaus zuerst beweisen. Thea Stübner, eine Näherin im Lichtenstein, versucht dem Spagat zwischen fordernder Familie und ihrer Arbeit im Modehaus gerecht zu werden und Ella Winkler, eine aufstrebende Schauspielerin, hält an ihrem Traum fest die Bühnen dieser Welt zu bespielen, aber bisher reicht es noch nicht einmal für den Lebensunterhalt. Sie alle eint die Vision ihrer Träume, bis ein Brand im Lichtenstein diese in einem einzigen Moment zu zerstören droht.

Der Prolog ist bereits ein spannender Einstieg und hält den Leser gefangen im Spannungsbogen, der sich erst im Verlauf des Buches auflöst. Die Geschichte an sich liest sich leicht, umschmeichelt den Leser wie ein leichtes Sommerkleid am Körper, elegant und zart, nahbar und detailreich. Die Kapitel wechseln zwischen den Protagonisten und jeder Wechsel impliziert einen kleinen Zeitsprung. Sie sind kurzweilig formuliert und animieren zum Weiterlesen, denn jeder weitere Einblick fesselt den Leser und bindet ihn im Verlauf der Seiten immer mehr an die Protagonisten. Die Schilderungen des Autors habe ich größtenteils als malerisch empfunden und konnte mich gute in die einzelnen Szenen hineinversetzen, die Orte visualisieren. Die Figuren sind für mich charakterstark, signifikant und klar gezeichnet, dabei unterschiedlich und sich ergänzend. Die Geschichte wechselt zwischen emotionalen Liebesgeschichten, geschäftlichen Problemen, Zukunftsvisionen und damit verbundenen Ängsten, aber eben auch den dunklen Seiten des Lebens, bedingt durch den nahenden Krieg. Nahbar, emotionsgetrieben und trotzdem leicht fließt die Geschichte einem Ende entgegen, das auf den zweiten Teil hoffen lässt, der sich sicherlich ebenfalls als Schmöker entpuppen wird.

Was ich zwischendurch, vor allem zum Ende des Buches als etwas schade empfunden habe, sind die Zeitsprünge. Gerne wäre ich näher an den Charakteren geblieben und hätte noch mehr über ihre Entwicklung erfahren, ihre inneren Kämpfe und Gedanken in den verschiedenen Phasen der Epoche.

Fazit: Ein schöner, leichter Roman über eine spannende Epoche der Widersprüche zwischen Glanz und Gloria, aber auch Launen der Zeit und Leid inmitten von Berlin, mit liebevollen Charakteren, ausgestattet mit dem nötigen Rüstzeug seine Leser bis zur letzten Seite emotional zu binden. Ich freue mich bereits jetzt auf den zweiten Teil!