Rezension

Ein spannender Einblick in die große Kinowelt

Der Traumpalast -

Der Traumpalast
von Peter Prange

Bewertet mit 5 Sternen

Nach seinen erfolgreichen Büchern wie z.B. Unsere wunderbaren Jahre, Eine Familie in Deutschland oder Das Bernstein-Amulett (das sogar verfilmt worden ist) hat der Bestsellerautor Peter Prange nun sein neustes Werk vorgelegt. Der Traumpalast – Im Bann der Bilder ist im Oktober 2021 im Fischer / Scherz – Verlag erschienen. Leider muss ich gestehen, dass ich zwar den Autor vom Namen her kenne, aber noch keins seiner Bücher gelesen habe. Warum weiß ich auch nicht? Bei seinem neuen Roman wurde mir die Entscheidung quasi abgenommen, denn ich liebe historische Romane deren Schauplatz Berlin ist und zudem wollte ich gerne mehr über die Entstehung der UFA – Filmindustrie erfahren. Selbst die über 800 Seiten schreckten mich nicht ab, dieses Buch lesen zu wollen.

Trotz des leichten und flüssigen Schreibstils des Autors, der mir auf Anhieb gefiel, hatte ich zu Anfang ein paar Probleme, mich in die Geschichte hinein zu finden. Je länger ich mich mit der Handlung auseinandersetzte, desto besser wurde es und so tauchte ich in die Geschehnisse der 20er Jahre Berlins mehr und mehr ein und ab. Während des Lesens merkte ich zudem, mit welcher akribischer und detaillierter Kleinstarbeit Peter Prange Fakten und Informationen über die UFA und die politische Zeit zusammengetragen und ausgewertet hat, um sie dann in seine Geschichte einzuweben. Der erste Weltkrieg war vorüber und die Bevölkerung hatte wieder Hoffnung, dass der langersehnte Aufschwung wieder eintritt, der aber ausblieb. Stattdessen sorgten immer wieder gesellschaftliche und politische Ereignisse für Unruhen, die der Autor so anschaulich beschreibt, dass man das Gefühl hatte, hautnah dabei zu sein. Verschiedene politische Gruppierungen kämpften mit allen Mitteln, um die Macht Deutschlands und da standen Attentate auf Politiker und Putschversuche an der Tagesordnung. Aber nicht nur die politische Situation bereitete der Bevölkerung Angst, sondern auch die Inflation, die sich rasend schnell ausbreitete. Diese trieb die Preise für Heiz- und Lebensmittel so stark nach oben, dass die Menschen sich kaum noch das alltägliche Leben leisten konnten. Trotz der politischen und wirtschaftlichen Lage gab es auch Lichtblicke in dieser düsteren Zeit. Technische Neuheiten eroberten die Welt, wozu auch die Kinowelt gehört. Detailliert und für den Leser verständlich beschreibt Peter Prange über die Entstehung der UFA. Für mich war es eine schöne, aber allen voran eine sehr informative Zeitreise, denn wer kennt die UFA nicht, aber wie ihr Werdegang war, dazu hätte ich nicht sagen können. Eigentlich sollte die Gründung dieser Filmindustrie zur Kriegspropanda dienen, aber es kam anders. Namhafte Drehbuchautoren, Regisseure oder Schauspieler haben wir es zu verdanken, dass Filme wie z. B. Metropolis oder Dr. Mabuse entstanden sind. Die UFA haben wir es ebenfalls zu verdanken, dass die Werbereklame in den deutschen Kinos kam. Selbst die neueingeführte IFA (internationale Funkausstellung) fand hier ihren Platz und schon damals sorgte sie schon für ein großen Besucher – und Medienansturm. Das Peter Prange sein Handwerk versteht, hat er mit diesem Roman bewiesen. Er hat nicht nur mit seiner brillanten und detailreichen Beschreibung die 1920er Jahre in Berlin perfekt eingefangen und wieder gespiegelt, sondern er hat sie seinen Lesern sehr lebensnahe rübergebracht. Großes Kompliment!

Aber genug von der Filmindustrie und deren Entstehung. Was wäre ein Roman ohne seine Charaktere, die hier ausdruckstark, facettenreich und lebensnah gezeichnet worden sind. Ganz egal, welche Person wir herauspicken würden, jede hatte ihren Platz und machte die Geschichte zu dem was sie heute ist: Lebendig und stimmig!

Die Jüdin Rahel Rosenberg, die ihren Platz nicht in der Ehe sieht, sondern als Journalistin, aber der Weg ist mehr als steinig. Konstantin „Tino“ Reichenberg, der Sohn einer angesehenen Bankiersfamilie scheint das Glück gepachtet zu haben. Sein Leben ist vom Erfolg gekrönt und nun hat er auch noch die Frau seines Lebens gefunden. Was will man mehr? Seine Mutter Constanze ist mit seiner Damenwahl überhaupt nicht einverstanden In ihren Augen hat eine Frau mit jüdischer Herkunft nichts in ihrer Familie zu suchen. Ihr Mann Gustav, der unter ihrem „Pantoffeln“ steht, beugt sich dem und wirft Tino kurzerhand aus dem Haus. Der Bruch zwischen ihm und seiner Familie scheint unwiderruflich zu sein, aber nicht nur dies. Seiner großen Liebe wegen kündigt er auch noch seinen guten Job in der Bank. Tino wäre aber nicht Tino, wenn er nicht schon eine neue berufliche Herausforderung sehen würde. Er steigt in die neuentstehende Filmbranche mit ein, aber hier ist sein Weg nicht mehr nur von Erfolg gekrönt und so muss er die eine oder andere Niederlage einstecken. Aber nicht nur er muss beruflich einiges wegstecken, auch bei Rahel sieht es beruflich gar nicht rosig aus. Einen Job als Journalistin zu finden ist mehr als schwer und wenn sie einen hat, dann nimmt man ihre Arbeit kaum wahr. Aber nicht nur beruflich müssen beiden viel wegstecken, auch privat. Der gute Stern unter der ihre große Liebe steht scheint immer mehr zu erlöschen.

Am Ende dieses Romans findet der Leser eine “notwendige Nachbemerkung“ und ein Personenregister, die darüber Auskunft gibt, welche Personen reeller oder fiktiver Natur sind.

 

Für mich war dieser Roman ein großes Kinoerlebnis, dass mir einen sehr eindrucksvollen und spannenden Einblick in die Entstehung der Filmindustrie gab.

Absolut lesenswert und 5 von 5 Sternen!

Voller Vorfreude warte ich schon auf den zweiten Teil.