Rezension

Ein unglaublich aufwühlendes und bewegendes Buch, über zwei Jugendliche, deren Liebe die Berliner Mauer zu überwinden versucht.

Und morgen am Meer - Corina Bomann

Und morgen am Meer
von Corina Bomann

Bomann schreibt in einem erfrischenden, flüssigen Schreibstil, dem man sehr gut folgen kann. Die Atmosphäre, die das Buch einhüllt ist energiegeladen, spannend und emotional. Man möchte es gar nicht mehr aus der Hand legen.

UeberreuterVerlag

Corina Bomann
Corina Bomann ist 1974 geboren und wuchs in Mecklenburg auf. Sie veröffentlichte 1999 ihre erste Kurzgeschichte, arbeitete jedoch bis 2002 als Zahnarzthelferin. Kurz zuvor veröffentlichte sie mit Der Schattengeist und Der Traum des Satyrs ihre beiden ersten Fantasy-Romane. Seit 2008 konzentriert sie sich auf historische Frauenromane, die hauptsächlich zwischen dem 16. und 17. Jahrhundert angesiedelt sind. 

Und morgen am Meer

Berlin im Sommer 1989, geteilt durch die Berliner Mauer in Ost und West:
Milena, deren Mutter früh verstarb, führt mit ihrem Vater und ihrem Bruder Mirko ein ganz normales Leben in der DDR. Aber eigentlich hat sie nur einen großen Wunsch: herumreisen und wenigstens einmal in ihrem Leben Verona und das Mittelmeer sehen. Doch diese Vorstellung ist utopisch, gerade zu unmöglich, bis sie den attraktiven Claudius kennenlernt.

Claudius wird zunächst als Musik liebender junger Mann dargestellt, der sein Abitur so gut wie in der Tasche hat, aber keinesfalls Anwalt werden will, sowie sein Vater es sich vorstellt. Zusammen mit seinem Freund Max unternimmt er einen Ausflug nach Ostberlin. Viel Lust hat er dazu nicht: „Willst du dir denn nicht die Läden anschauen, in denen es nichts gibt? Oder die gammeligen Häuser voller seltsamer Parolen?“(Max, S. 18) Als Milena und Claudius sich dann jedoch in Ostberlin begegnen, ist es um ihn sofort geschehen – das Karamellmädchen. Als Milena Claudius, den Klassenfeind in seiner echten Levis-Jeans, endlich kennen lernt, scheint er ihre Welt auf den Kopf zu stellen. So anders ist der Westberliner in seiner Art und Mentalität.  
Zwei Menschen im gleichen Alter, die unterschiedlicher nicht sein können.

Als Charaktere fallen zunächst vor allem Claudius und Milenas Schulfreund Lorenz ins Auge, die mit einem weitsichtigen Blick auf das System der DDR schauen und dieses aus ihrer Sicht beurteilen. Heute kann man sich gerade in unserer Generation nicht mehr vorstellen, wie groß die Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland waren. Dieses Buch zeigt sie ganz deutlich und dennoch in humorvolle Art und Weise auf. Gerade der Briefwechsel von Claudius und Milena, zwischen Ost- und Westberlin, bringt diese Unterschiede zum Vorschein.

Abwechselnd erzählt der Roman die Geschichte aus der Sicht von Milena und Claudius. Dies wirkt authentisch und der Leser kann sich besser in die beiden Charaktere einfühlen.
Auch die geschichtliche Realität des Systems der Deutschen Demokratischen Republik ist authentisch dargestellt. So bekommt Milena beispielsweise Ärger in der Schule, der sich auf ihre weitere Schullaufbahn, den Übergang auf die erweiterte Oberschule, ausweiten kann, weil sie ein Plakat für die FDJ (Freie Deutsche Jugend) vergessen hat.

Fazit

Bomann schreibt in einem erfrischenden, flüssigen Schreibstil, dem man sehr gut folgen kann. Die Atmosphäre, die das Buch einhüllt ist energiegeladen, spannend und emotional. Man möchte es gar nicht mehr aus der Hand legen.
Das Kennenlernen von Claudius und Milena zieht sich über die ersten 120 Seiten, was man am Anfang als etwas zähflüssig empfinden könnte. Jedoch steigert sich diese Beziehung von einer kurzen Bekanntschaft hin zu einer emotionalen und jungen Liebe, die den Leser mehr und mehr in den Bann zieht. Man fühlt sich mittendrin in der problematischen Beziehung, in welche sich beide immer mehr verwickeln. Auch teilweise etwas abgedroschene Phrasen wie „Als sie über den Balkon blickte, erschien ein Lächeln auf ihrem Gesicht. Und in dem Augenblock schob sich die Sonne durch die dichten Wolken über ihrem Haus.“ wirken nicht fehl am Platz, sondern in Anbetracht der Intensität der Beziehung zwischen den Beiden, durchaus angemessen. Als Milena Claudius kennen lernt scheint plötzlich alles möglich zu sein: eine Liebe, eine Flucht, eine Reise ans Meer.

Doch plötzlich kommt alles anders. Ein Geheimnis steht im Raum und Milena gerät ins Zentrum einer erbitterten Auseinandersetzung mit dem System der DDR und der Staatssicherheit (Stasi). Der Roman nimmt eine aufregende Wendung und plötzlich hat man das Gefühl selbst in der Haut von Milena und Claudius zu stecken.

Ein unglaublich aufwühlendes und bewegendes Buch, über zwei Jugendliche, deren Liebe die Berliner Mauer zu überwinden versucht.